Kapitel 3

Der Terminkalender

Mist. Suhana blickt sich noch mal um, will gerade nach ihm rufen, als sie sieht, dass der Fremde zu weit weg ist. Er steht bereits an seinem Wagen und steigt auch schon ein. Mehr als nur Mist. Sie könnte dieses schwarze Ding ja einfach nehmen, hinter ihm her rennen. Aber lieber lässt sie das. Zum einem weiß sie nicht ob sie gerade rennen möchte und zum anderem möchte sie nicht einem fremdem Mann in seinem Auto - auf einem rießen Parkplatz - hinter her rennen. Das sähe nicht nur dämlich aus, sondern auch total verzweifelt. Dennoch bleibt ihr nichts anderes übrig, als das schwarze Ding mit zu nehmen, eh es jemand anders nimmt und gar behalten will.

Nach dem sie es aus dem Wagen nimmt - es hängt da wo man normaler Weise ein Kind hinein setzt - erkennt sie, dass es sich um ein Terminkalender handelt. Den Kalender gedankenverloren betrachtend geht sie zu ihrem Wagen zurück und schließt ihn genau so abwesend auf und lässt sich dann auf der Fahrerseite nieder. Soll sie, oder soll sie nicht?

 

Wenn sie das Buch jetzt öffnet, könnte sich ihr gesamtes Leben verändern.

 

Soll sie das Buch öffnen, oder geschlossen lassen? Wenn sie sich für das Erste entscheidet, dann verletzt sie doch eigentlich seine Privatsphäre, oder? Auch wenn sie nicht weiß, was in dem Buch steht. Und tut sie das Zweite, dann kann sie ihm nicht sagen, dass sie es hat um es ihm wieder zu geben. Da muss ja schließlich irgendein Hinweis sein, dass es ihm gehört, sodass sie ihn erreichen könnte. Eine schwere Entscheidung. Tut sie es, stempelt sie bestimmt jeder als neugierig und als Schnüfflerin da. Tut sie es nicht grenzt es sicher an Diebstahl. Kann ihr denn niemand diese Entscheidung nehmen? Ihre Gedanken schwirren um dieses Buch, um den Mann, der seinen Terminkalender sicher vermissen wird. Wer weiß, was er ihm bedeutet, wer weiß, was er da alles drin stehen hat. Suhana lässt, unbeabsichtigt, die Finder über das schwarze Leder streifen. Der Kalender ist leicht zu öffnen und sie könnte das Buch einfach aufschlagen. Doch irgendetwas hindert sie daran, sie dreht es um, doch nichts hilft ihr etwas über den Besitzer heraus zu finden. Sie muss es öffnen, um es ihm wieder zu geben. Sonst plagen sie sicher noch schlechte Gedanken.

 

Und wenn sie es nicht tun würde, wer weiß was es alles für Schwierigkeiten bringen könnte!?

 

Stockend und mit zitternden Händen legt sie die eine Hand unter das Buch und die andere direkt so, dass sie das Buch nur noch aufklappen muss. Dies tut sie kurz darauf auch schon. Nun fast sie eine unermessliche Neugierde. Die ersten Seiten sucht sie einfach ziellos durch, weil sie gar nichts sucht. Nein, ihre Neugierde lässt sie die Seiten interessiert ansehen. Telefonnummern, ziemlich viele sogar. Mit Namen, ob männliche oder weibliche ist nicht zu erkennen, meist steht nur der Anfangsbuchstabe des Vornamens und dann der Nachnahme voll. Anschließend folgen Zeiten und irgendwelche Infos, scheinen Treffen oder Termine zu sein. Plötzlich hält sie inne, schreckt leicht zurück. Was macht sie hier? Wollte sie nicht nicht schnüffeln? Und nun? Nun tut sie es doch! Schämen sollte sie sich. Erst jetzt wird ihr bewusst, was sie eigentlich sucht. Doch wo kann sie seinen Namen oder seine Nummer finden? Sie schlägt sich mit der fluchen Hand an die Stirn. Wo sonst, wenn nicht ganz vorne, auf einer der ersten Seiten?

 

Wenn sie da nur wüsste, wessen Terminkalender sie da in den Händen hält.

 

***

 

Aryan hält, während Suhana noch in seinem Terminkalender 'schnüffelt', vor seinem Haus. Nein, er wohnt nicht in einer Wohnung, was jeder sicher gedacht hätte, bei seinen zarten 24 Jahren. Oh, nein der Mann badet in Geld. Außerdem wohnt er ja nicht allein. Gedankenverloren steigt er aus seinem Wagen aus und holt das Eingekaufte aus dem Kofferraum. Die Tüten und seine Aktentasche in den Händen versucht er dann die Haustür aufzuschließen. Und nach einigen qualvollen Minuten gelingt ihm das auch. Ein Wunder, er selber hätte nicht mehr daran geglaubt. „Ich bin wieder zu Hause!", ruft er dann durchs Haus. „Oh, Yash. Ich hab schon..." Er sieht auf und erblickt seine Mutter die mitten im Flur zum Stehen kommt. Mit einer hochgezogenen Augenbraue mustert er sie, unterdrückt das Kopfschütteln und atmet schwer ein und wieder aus. Er sollte sich angewöhnen das 'Mutter' hinzuzufügen. Zwar ist seine Mutter bei ihm zu Hause, aber das hindert nichts daran, dass sie immer noch das Gefühl hat, ihr Mann sei nicht tot.

 

Wie sehr Aryan sich manchmal das selbe wünscht.

 

„Es tut mir leid, Mutter.", meint er dann, stellt seine Aktentasche im Flur ab und tritt dann direkt vor ihr und bleibt stehen. Sie beginnt augenblicklich zu lächeln, hat Tränen in den Augen und legt ihm dann die Hand an die Wange. „Ist schon gut, mein Schatz. Ich kann es einfach nicht glauben, dass dein Vater von uns gegangen ist. Von heute auf Morgen. Doch bin ich ihm dankbar, dass er mir etwas von sich hier gelassen hat!", meint sie dann und ihr Lächeln wird nun verträumter. Aryan kräuselt unwissend die Stirn. „Was meinst du Mama?", fragt er dann, immer noch ihre Hand an seiner Wange spürend. „Na, dich! Was wäre ich nur ohne dich?" Die Antwort auf diese Frage beantwortet er ihr sicher nicht. „Ach, Mama.", beginnt er nun leicht zu lächeln. „Komm, ich nimm dir etwas ab, dass ist doch viel zu schwer.", ergreift sie nun zu einer der Taschen und geht dann voraus in die Küche. Als ihr Aryan folgt sieht er sich in seiner Küche um. „Um Gottes Willen, was hast du gemacht?", fragt er dann, während er die anderen Taschen auf den Tisch fast schon fallen lässt. „Warum? Ich wollte schon mal zu Kochen beginnen um dir die Arbeit zunehmen. Du musst doch sicher fertig sein, vom Arbeiten."

 

Er sollte seiner Mutter am besten verbieten überhaupt etwas an zufassen.

 

Sein Blick geht zu seiner Mutter. „Ach, Mama. Ja, klar, bin ich gestresst, wenn ich Heim komme. Aber das heißt doch noch lange nicht, dass ich uns nichts zu Essen machen kann.", meint er dann und lächelt ungewollt. „Ich hab es doch nur gut gemeint!" Aryan lacht leise auf. „Ja, das sehe ich! Aber du weißt doch, dass du nichts mehr machen sollst.", ermahnt er sie. Sein Blick geht wieder verzweifelt zu dem Saustall den seine Mutter fabriziert hat. Sie war immer eine saubere Frau, eine sehr gute Köchin - seiner Meinung nach die Beste - doch seit dem sie hier wohnt ist alles anders. Er weiß den Grund, aber immer wieder daran zu denken, ihn selber zu wissen, ihn zu sagen, aber ihn ihr gegenüber nicht zu nennen ist auch für ihn nicht leicht. Nicht, das es den Anschein macht, dass nur sie ihren Mann geliebt hat. Aryan hat seinen Vater über alles geliebt. Was er alles von ihm gelernt hat - sein Vater war sein Vorbild. Seit dem Tot seines Vaters hat er eine andere Sicht des Lebens bekommen. Er hatte bis her nur eine (langfristige) Beziehung und das in der Collegezeit. Über 3 Jahre ging sie. Doch er wurde auf eine der brutalsten Arten verlassen, die er sich bis dahin vorstellen konnte.

 

Dies ist aber eine andere Geschichte, die vielleicht wann anders erwähnt wird - aber nur dann, wenn Aryan es möchte.

 

***

 

Aryan Malhotra...

 

Suhana kennt diesen Namen. In ihrem Kopf beginnt es zu arbeiten. Irgendwo her kennt sie ihn, da ist sie sich ganz sicher. Sie weiß aber nicht mehr woher. Sie hat bis nach vorne geschlagen, liest sich immer wieder den selben Namen durch. Und dann fällt es ihr auf einmal wieder ein. Genau, das ist doch der Kerl, mit dem sie auf dem College war. Der in ihrer parallel Klasse war und mit ihr den Abschluss gemacht hat. Sie ist ihm nicht begegnet. Nun ja, okay bis auf jetzt. Aber, dass das Aryan ist hätte sie nie gedacht. Hätte sie gewusst, dass er so verdammt gut aussieht, dann hätte sie ihn schon längst kennen gelernt. Ihre Freundinnen haben zwar immer von ihm herum geschwärmt, aber das taten sie bei einigen Jungs. Und genau bei denen, die eigentlich ganz und gar nicht ihr Fall waren. Okay, Aryan war jetzt nicht ein Adonis, oder gar Mr. World - sobald es das bei den Männern auch gibt. Aber er hat etwas, etwas was jeder Frau klar machen würde, dass sie es haben will. Dieses heraus zu finden war nur die Aufgabe. Und das war es was Suhana immer wollte, etwas was sie heraus finden müsste. Bis her hat sie immer nur Männer kennen gelernt die alle gleich waren.

 

Das sie Aryan jedoch schon viel zu gut kennen sollte, weiß sie bis her noch nicht.

 

Sie schüttelt ihre Gedanken aus dem Kopf und schlägt das Buch dann vorsichtig wieder zu. Erst nach einigen Minuten schafft sie es sich auf das Fahren zu konzentrieren. Sie lässt den Wagen an und fährt aus der Parklücke heraus. Die gesamte Fahrt über schweifen ihre Gedanken zu Aryan, aber warum? Hat das was zu bedeuten? Und auch hin und wieder kann sie es nicht verhindern auf den Beifahrersitz zu sehen, wo das Buch liegt. Stumm und zugeschlagen. Dennoch hat sie das Gefühl es spricht mit ihr. Ja, eine verrückte Vorstellung. Bücher die reden können. Obwohl, das wäre doch mal eine Idee! Naja, nicht für jeden, Lesen macht schließlich schlau. Suhana bemerkt, dass es nicht sehr gut ist, sich vom Fahren ablenken zu lasen. Doch das braucht sie auch nicht mehr, denn sie ist bereits an ihrer Wohnung angekommen. Sie wohnt in einem Mehrwohnungshaus. Nun muss sie allerdings bis in den letzten Stock hinauf laufen, dass mit ihren Chips, dem Buch, ihrer Tasche und dabei versuchen, den Haustürschlüssel aus der Handtasche zu fischen.

 

Was Frauen doch alles schaffen und das in solchen Dingen, besser als Männer.

 

Erleichtert lässt sie dann alles auf dem Küchentisch fallen. Zum Glück ist die Küche gleich neben dem Eingang rechts der erste Raum. Ihre Wohnung ist gemütlich. Groß und gemütlich. Nun ja, was heißt hier groß. Für sie, als Einzelbewohnerin reicht es vollkommen. Sie kramt zwischen den Chipstüten nach unten auf den Küchentisch, zum Terminkalender. Als sie diesen hat streift ihr Blick über den Berg Chips - daraufhin schnappt sie sich eine Chipstüte und den passenden Dip dazu. Gerade will sie in das gegenüberliegende Zimmer, was ihr Wohnzimmer wäre, da geht die Klingel ihrer Wohnungstür. Suhana stöhnt etwas verzweifelt auf, legt dann alles auf die Anrichte im Flur und macht dann die Wohnungstür auf. Und natürlich steht keine andere als ihre beste Freundin davor. Anju. Die hat ihr gerade noch gefehlt, warum kommt sie immer an den unpassendsten Momenten?

 

Das Suhana auch nie Ruhe vor ihr hat - auch wenn sie sie noch so gerne hat - manchmal braucht sie einfach Zeit für sich.

 

***

 

„Ich werde in mein Bürozimmer verschwinden..."

 

Seine Mutter antwortet nicht, doch das war ihm schon fast klar. Sie hatten bereits gemeinsam gegessen, denn schließlich war nach seiner Ankunft bereits eine Stunde vergangen. Seine Mutter sitzt auf dem Sofa und sieht Fern. Zu dieser Zeit kommen immer die Abendnachrichten und es gehört einfach dazu, dass sie diese sieht. Aryan will sie dabei auch gar nicht stören, unterbrechen und sonstiges. Aus dem Grund verschwindet er immer um diese Zeit in sein Bürozimmer. Ja, man könnte ihn jetzt als Arbeitstier abstempeln. Und, wer es glaubt oder nicht, ihn würde es nicht stören. In dem Fall könnte er sogar zustimmen. Er arbeitet, aber nur weil er weiß, dass er etwas zum ablenken braucht. Etwas was ihn auf andere Gedanken bringt. Gedanken, die ihm nicht immer vor Augen führen, dass er allein ist. Seine Mutter ist bei ihm, ja klar aber jeder braucht doch einen Partner an seiner Seite. Dieses Thema nagt immer wieder an ihm, aber es lässt ihn auf der anderen Seite total kalt.

 

Das es bereits jemanden gibt, den er vielleicht zu nah an sich heran gelassen hat weiß er, doch es ist ihm nicht bewusst.

 

Geschafft, erleichtert und zufrieden lässt er sich dann auf seinem Stuhl nieder, dreht sich in Richtung seines Schreibtisches und legt seine Aktentasche - die er selbstverständlich mit in den Raum genommen hat - auf dem Tisch ab. Er lässt sie darauf liegen, lehnt sich im Stuhl zurück und fährt sich einmal mit beiden Händen durch die Haare. Einen kurzen Augenblick schließt er seine Augen. Was allerdings nicht gut ist, denn das was er sieht lässt ihn aufschrecken. Wunderschöne grüne Augen bekommt er zu Gesicht. Was sollte das? Er erinnert sich an die Fremde vom Einkaufzentrum und ohne das er es merkt hat er ihr Gesicht vor Augen. Ihr wunderschönes Lächeln, ihre wundervollen Lippen. Der Ausdruck in ihren Augen. Auch wenn sie gelacht hat, irgendwas verbirgt sie dahinter. Nur was? Er hat zwar wirklich viele Frauen getroffen. Aber sie hat irgendetwas. Ihre Ausstrahlung ist einzigartig und so verdammt fesselnd. Aber warum macht er sich darüber Gedanken? Er kennt sie nicht und wird sie sicher nicht wieder treffen.

 

Das dies nicht der Fall ist, sondern das er sie auf jeden Fall wieder sehen wird, wird er schon noch früh genug erfahren.

 

Er versucht seine Gedanken zu verwerfen und will sich nun auf das morgige Treffen vorbereiten. Er öffnet seine Aktentasche, wobei ihm nach einigem Suchen auffällt, das ihm etwas fehlt. Sein Terminkalender. Wo hatte er ihn denn zuletzt hin gemacht? Er weiß, dass er ihn im Café noch hatte. Beim Einkaufen hat er ihn mit rein genommen, da er noch etwas für den nächsten Tag nachsehen musste. Und dann? Hatte er ihn wieder ins Auto gelegt, oder... „Oh, verdammt...", entfährt es ihm leise. Er muss ihn im Einkaufswagen gelassen haben. Frustriert lässt er das Gesicht in seine Hände fallen. Mit den Ellenbogen hat er sich auf den Tisch gelehnt und sieht nun an die Wand ihm gegenüber. Was soll er nun tun? Ohne seinen Terminkalender ist er aufgeschmissen! Am liebsten würde er jetzt schreien. Allerdings bleibt ihm nichts anderes übrig als zurück zum Einkaufzentrum zu fahren und zu hoffen, dass sein Terminkalender noch da ist. So steht er auch schon vom Stuhl auf und will gerade zur Tür. Doch ihn hält das Telefon ab, das zu klingeln beginnt. Wer kann das nur sein? Gerade jetzt, einen unpassenderen Moment konnte sich der Anrufer auch nicht aussuchen, oder?

 

Wenn er da nur wüsste, wer am anderem Ende der Leitung darauf wartet, dass er abhebt.

 

***

 

„Anju? Was machst du denn hier?", fragt Suhana und sieht ihre Freundin neugierig an. „Ich hab dich von drüben gehört und ich wollte nur fragen wie es dir geht, hat der Arzt irgendetwas heraus gefunden?" Suhana würde am liebsten die Tür vor ihrer Nase zu schmeißen. Doch sie lächelt nur und lässt den Blick auf die Anrichte schweifen. Der Terminkalender, Aryan Malhota, seine Nummer. Sie muss ihn anrufen, eh er denkt es wurde ihm geklaut oder sonstiges sei mit dem Buch passiert. „In der Tat hat er etwas gefunden. Aber er hat gesagt, dass ich mich an erster Stelle hinlegen soll und genau das möchte ich nun auch tun. Es tut mir sehr leid, aber ich möchte mich ausruhen. Wir reden ein anderes Mal, ja? Morgen ist ja Samstag, also Wochenende. Wir haben also genügen Zeit!", meint sie nun, etwas schnell und sehr verwirrend. Zu mindestens macht es ihr selber den Anschein, weil sie kaum mit bekommt was sie sagt. Anju zieht einen Schmollmund, nickt aber verständlich. „Okay, dann noch eine gute Nacht.", meint sie und dreht sich um, zur Wohnung gegenüber - da die zwei Freundinnen direkt gegenüber wohnen.

 

Zum Glück konnte Suhana ihre Freundin noch ab wimmeln.

 

Erleichtert lässt sie die Tür ins Schloss fallen und greift dann nach den Sachen auf der Anrichte. Mit schnellen Schritten geht sie ins Wohnzimmer und lässt sich auf das große Sofa nieder. Erstmal legt sie die Chipstüte und den Dip auf den Tisch. Das Buch schlägt sie dann auf den ersten Seiten auf um zu der Nummer von Aryan zu kommen. Oder sollte sie immer noch sagen, dem Fremden? Eigentlich kennt sie ihn ja weiterhin nicht, nur dass sie von ihm gehört hat und er auf ihrem College war heißt ja noch lange nicht, dass sie ihn dann als eine bekannte Person von ihr erklären könnte, oder sollte. Für wen klinkt das etwas verwirrend? Gut, Suhana hat sich gerade selber verwirrt. Jedoch muss sie schmunzeln. Warum? Das weiß sie leider selber nicht. Aber sie lässt sich nicht abbringen. Und dennoch wird sie ernster, greift dann zum Telefon und tippt die Nummer, die auf der dritten Seite steht. Wo auch sein Name steht. Es ist einer der üblichen Seiten auf denen steht: 'Name: ... Vorname: ... Telefonnummer: ...' Das Übliche halt. Suhana lässt es einige Male klingeln, ein Mal, zwei Mal. Entweder er ist noch nicht zu Hause, oder aber er ist beschäftigt. Die Vorstellung gefällt ihr zwar nicht, aber was solls? Sie weiß, dass Aryan mal eine Freundin hatte. Oder hat er sie immer noch? Über die zwei wurde im College viel geredet. Aber von der Trennung hat Suhana bis her nichts gehört. Es klingelt bereits zum fünften Mal.

 

Suhana ist drauf und dran aufzulegen, hält bereits den roten Knopf gedrückt.

 

„Malhotra!?", meldet sich dann endlich jemand am anderem Ende der Leitung, sodass Suhana erleichtert ausatmet. „Aryan? Aryan Malhotra?", fragt sie dann vorsichtig nach, obwohl sie ihn bereits an der Stimme erkannt hat - sogar am Telefon hört sich seine Stimme herrlich und so beruhigend und vertraut an.

„Ja, genau. Wer spricht da?"

„Hier spricht Suhana. Suhana Kapoor!"

Schweigen auf der anderen Seite der Leitung - Aryan überlegt, doch er kennt keine Suhana Kapoor. Halt! Doch, er kennt eine Suhana. Aber hießt sie Kapoor mit Nachnamen? Diese angebliche Schönheit auf dem College hieß doch Suhana. Und irgendetwas mit 'K...' Aber ob Khanna, Khan, Kumar oder Kapoor weiß er nicht mehr.

„Sollte ich Sie kennen?"

„Nein, müssen Sie nicht. Es sei denn Sie erinnern sich an ihren Einkauf und wollen ihren

Terminkalender wieder haben. Er ist in meiner Gefangenschaft, er ist freiwillig mit gekommen!"

Suhana vernimmt ein leises Lachen.

„Oh, die nette Frau, mit dem Wagen, stimmts?"

„Treffer und versengt!"

 

„Wie kommen Sie an meine Nummer, oder gar an meinen Namen?"

„Das Buch hat sich schuldig gestellt und alles gebeichtet!"

„Ohh, wenn ich es in die Finger bekommen sollte...", flucht Aryan - das kleine Spiel mit spielend. „Wie viel verlangen Sie?"

„Wofür?"

„Dafür, dass ich meinen Terminkalender wieder bekomme?

„Na, da muss ich stark überlegen..." Suhana lässt sich extra etwas Zeit, eh sie ihm antwortet. Aryan jedoch hat sich in seinem Stuhl wieder zurück gesetzt, er muss nun ja nicht mehr bis zum Einkaufzentrum zurück fahren um es da wie ein Irrer zu suchen.

„...Ich hab es! Ich will aus meiner Wohnung raus. Und ich will einen Pool, einen großen Garten. Also, da müsste schon eine ganze Stange Geld her halten."

„Für einen einfachen Terminkalender? Finden Sie nicht auch, das ist etwas zu viel?"

„Na, schön, dann nicht. Dann behalte ich ihn eben!"

 

Was hat das Schicksal eigentlich mit diesen zwei Menschen vor?

 

„Nein, Nein. Ich nehme alles zurück. Sie bekommen das Geld. Aber tun Sie meinem

Terminkalender nichts an, er hat es mit den Seiten."

Nun muss Suhans zu lachen beginnen, schüttelt mit dem Kopf und sieht dann hinunter zum Buch - verrückter Kerl. Jedoch wartet Aryan gerade auf Antwort von ihr was ihr gar nicht bewusst ist.

„Ähm... Sind Sie noch dran?"

„Oh, ja... Entschuldigen Sie... Ich hab nur gerade überlegt, was ich ihrem Terminkalender antun könnte.", redet sich Suhana dann gekonnt heraus. Ungewollt stellt sie sich sein Gesicht vor. Entweder stempelt er sie als irre ab oder aber er muss genau so einen Humor haben wie sie selber. Irgendwie hat ihr Gespräch etwas eigensinniges. Etwas, was nur die zwei verstehen, etwas was ein Außenstehender nie verstehen würde. Sie kann sich das alles selber nicht erklären, aber insgeheim will sie das auch gar nicht. Eines weiß sie, sie möchte Aryan wieder sehen, aber das muss sie, wenn er sein Terminkalender lebend wieder sehen will. Nun beginnt sie auch schon in Gedanken so zu reden, so zu denken wohl eher!

 

„Bitte, ich flehe Sie an. Mit mir können Sie alles machen, aber tun sie meinem kleinem,

unschuldigem Terminkalender nichts an. Er ist doch noch so jung!"

„Also hören Sie mal, Sie müssen doch nicht gleich zur Memme werden. Ihrem Terminkalender wird nichts geschehen."

„Memme? Ich und eine Memme? Nun hören Sie mal, mein Fräulein!" Aryan stoppt in seinem Satz und bekommt plötzlich eine Art flüstern und etwas unschuldiges in seine Stimme. „Wenn dies mein Terminkalender hört, dann bin ich geliefert. Er ist mir eh schon um Meilen voraus! Ist schlimmer als eine Frau."

Suhana möchte zwar lachen, doch es hindert sie etwas daran. Sie versteht ihn nicht ganz. Wie eine Frau? Warum denn das? „Moment. Also das müssen Sie mir nun auch schon erklären!"

„Na, 'Tue dies, tue das... Dann und dann musst du da und da sein'"

Suhana versteht so langsam, nickt dann zustimmen, oder eher verständlich - das kann er allerdings nicht sehen. Aryan schmunzelt vor sich hin, seit dem gesamten Gespräch lächelt er bereits, oder lacht. Irgendwie unheimlich, bei seinem Alltag.

 

Wie wahr - unheimlich, was ein Telefonat mit einer wild Fremden bei ihm auslöst.

 

„Oh, ich verstehe.", lacht Suhana amüsiert. Ihr Blick streift durch den Raum und geht dann zu den Chips. Wie sie diese einige Minuten ansieht bekommt sie Hunger darauf und sieht dann entschlossen wo anders hin, sie muss sich auf das Gespräch konzentrieren. Eh sie hier auf Chips knabbert und Aryan dies mitbekommt.

„Ich will ja nicht unhöflich wirken, aber ziehen Sie in Erwägung, dass ich meinen Terminkalender wieder bekomme!?"

„Ja selbstverständlich, wenn ich die abgemachte Summe erhalte."

„Summe?"

„Na für das Haus, den Garten, den Pool."

„Oh, ja, selbstverständlich. Lassen Sie uns einen Termin ausmachen, am besten Morgen vor Mittag und einen Treffpunkt. Ich werde da sein, mit dem Geld, wenn Sie da sein werden, mit meinem Terminkalender!"

„Na, meinetwegen. Wann und wo?"

„Ich hab mittags einen geschäftlichen Termin."

„An einem Samstag?"

„Ja. Ich würde sagen, gegen 10 Uhr im 'Café In'. Das, welches nur wenige Minuten vom

Einkaufzentrum entfernt ist."

 

Dass er und Suhana aller spätestens da ihr Leben in die Hände des Schicksals gelegt haben konnten sie nicht ahnen.