Kapitel 6

Zeiten der Stille

Am nächsten Morgen wacht Preety früh auf. Sie ist ausgeschlafen und könnte Bäume ausreißen. Kurz darauf steht sie auch schon auf und öffnet bereits die ersten Knöpfe ihres Hemdes, ohne daran zu denken, dass Prem dies mit bekommen könnte. Dieses tut dieser allerdings auch. Er ist schon wach, stand bis eben gerade in der Küche und hat sich einen Kaffee gemacht, eh er überlegt hat ob er mit dem Frühstück anfangen soll. Er drehte sich gerade um, wie Preety den letzten Knopf ihres Hemdes geöffnet hat. Sie scheint zwar hell wach zu sein, allerdings ist ihr Blick noch von Müdigkeit verschleiert. Ihr scheint nicht mal bewusst zu sein, wo sie ist. Prem stellt seine Tasse ab und kommt mit einem Lächeln auf sie zu. Direkt vor ihr bleibt er stehen, umgreift ihre nun nackte Taille und zieht sie zu sich. Preety sieht etwas überrascht zu Prem auf. Reißt nach wenigen Sekunden die Augen weit auf. Ihr wird gerade klar, dass sie nur in Unterwäsche und einem offenem Hemd vor ihm seht. Doch sie lässt es geschehen.

 

„„Ich liebe dich, Preety!““

„„Ich dich auch...““, meint sie leise, lächelt schwach und schließt müde und weil seine Lippen auf ihren Hals treffen die Augen. Sie greift in seinen Nacken, animiert ihn damit nicht aufzuhören. Dieses wundert ihn etwas, aber er lässt es zu. Doch er geht nicht viel weiter, sieht sie schließlich mit einem Blick voller Verlangen an. Den bemerkt Preety, lächelt erneut und haucht ihm einen Kuss auf die Wange, etwas neben seinem Mund und löst sich dann von ihm. Wie sie an ihm vorbei geht, ihm mit der Hand nochmal an der Wange vorbei streift lässt sie mit Absicht das Hemd an ihren Schultern hinunter gleiten. Nun muss sich Prem beherrschen nicht hinter her zu gehen. Ihr schlanker Körper der zwar nur von hinten zu sehen ist, den er aber eben gerade nicht mit viel mehr begleitet auch von vorne zu sehen bekommen hat lässt ihn wirklich an andere Dinge denken. Auch wenn sie ihre Unterwäsche noch trägt, ihr Körper würde jeden Mann wahnsinnig machen.

 

Während sich Preety duscht und fertig macht hebt Prem das Hemd hoch und geht wieder in die Küche, oder in die Küchenecke - wie man das auch immer nennen will. Er trinkt, total in Gedanken sein Kaffee weiter und erst als Preety wieder hinaus tritt kommt er von seinen Gedanken los.

 

„„Du hast ja nicht mal das Frühstück gemacht... Ich muss hier echt alles selber machen. Prem, du bist echt unmöglich!““, tritt Preety neben ihn und holt einen älteren Topf aus der Schublade heraus, die sich unter dem Herd befindet. Nun ja was man daran Herd nennen kann. Das Ding besitzt nur zwei funktionstüchtige Herdplatten und ist ein ziemlich altes Stück. Nun gut, aber das Essen wird warm und das ist die Hauptsache.

„Wem gehört eigentlich das Hemd, das du immer Nachts trägst?““, fragt Prem, ihren Einwand völlig ignorierend. Er hat sich diese Frage schon öfters gestellt, aber er hat sie nie ausgesprochen. „Meinem Mann.““ Prem schließt unglaubwürdig die Augen, dreht sich zu Preety und sieht sie immer noch etwas neben der Spur an. „Ist das wieder einer deiner schlechten Scherze?““

„„Nein!““

„„Komm schon.“

„„Ja, was denn? Du glaubst mir doch eh jeden Müll den ich laber!““

„„Du gibst somit zu, dass du Müll erzählst?!““

„„Wenn du mir diesen, wie gesagt, glaubwürdigen Müll, glaubst ja!““

„„Langsam nehme ich dir das nicht mehr ab, Süße!“

„„Dann tue es doch nicht.““ Prem lehnt sich wieder an die Arbeitsfläche, schnauft auf und sieht zu dem Hemd in ihren Händen. Als Preety sieht, dass er ihr Hemd in der Hand hat, schnappt sie es sich. „„Glaub mir doch einfach, wenn ich dir sage, es gehört mir!““

„„Seit wann kaufen sich Frauen Männerhemden?““

„Seit dem man in diesen gut schlafen kann!““ Preety geht an ihm vorbei und bringt das Hemd weg.

Als sie wieder kommt, sieht sie das Prem die Herdplatte aus gestellt hat. „Was soll das?““

„„Lass uns Frühstücken gehen. Was hättest du denn auch gemacht? Wir haben kaum noch etwas da und müssten eher mal wieder etwas einkaufen. Dann machen wir das auf dem Weg!““

„„So?““, will Preety wissen, breitet die Arme aus und meint somit, dass sie doch nicht so raus kann. „Ähm, entschuldige, du siehst aus wie jede andere Frau. Jeansrock, ein Top... Was willst du denn bitte noch?““

„„Nichts, wenn du sagst ich kann so gehen, dann gehe ich so... Dann können wir ja!““

 

Zum Glück hat Prem sich nicht umziehen müssen, sonst hätte er wiederum etwas dagegen, dass sie nun los gehen. Aber in seiner Jeans und dem Muskel-Shirt kann er sich ja wohl sehen lassen. Oder? Wie die zwei oben an der frischen Luft sind atmet Preety tief ein und wieder aus. „Das tut gut.“

„„Du magst es nicht da unten zu sein, oder?““, fragt Prem, legt einen Arm um ihre Taille und sieht sie von der Seite her liebevoll an. Preety senkt den Kopf. „„Nein. Aber was solls, ich werde es überleben. Keine Sorge!““, meint sie aufheiternd. Sie verlassen die kleine Gasse und kommen in der Stadt an. Sie schlendern an einigen Schaufenstern vorbei, bleiben hin und wieder stehen, wenn sie etwas interessantes finden. Aber das sind alles keine Geschäfte oder etwas was die zwei ausrauben würden. Im Gegenteil. Sie haben ja nur Hunger und wollen etwas essen.

 

„„Schau!““, meint plötzlich Prem. Bis eben war Preety in ihren Gedanken versunken, ließ den Blick immer mal wieder nach hinten und vor sich hin schweifen. „„Was denn?““, fragt sie dann und sieht zu der Seite in die Prem deutet. „Oh, schön.““

„„Wollen wir da frühstücken gehen?““

„„Ja, mir egal. Wenigstens ich bekomme jetzt gleich erst mal was zu essen!““ Prem lacht herzhaft auf, zieht Preety weiter zu sich und betritt nach einigen weiteren Metern, dass Café, oder fast schon Restaurant. Die zwei setzen sich an einen gemütlichen und freien Platz für zwei und sehen sich die Karte an. „Ich war hier schon mal.“, meint Preety auf einmal. „Echt? Ich nicht.““

„„Das war vor unserer Zeit. Ich bin ja schließlich schon länger als du hier!““

„„Stimmt! Aber warum erzählst du mir das?““

„„Nur so, es kam gerade so über mich. Sorry, wollte dich nicht damit belästigen!““

„„Ist schon gut. Wenn du willst, kannst du mir gerne erzählen wann und warum du hier warst!““

„„Nein, nein. Das wäre eine lange und langweilige Geschichte!““

„„Oh, ne. Dann lass es lieber!““ Preety schmunzelt, sie wusste dass er das oder so etwas ähnliches sage würde. Sie schweigt, legt die Karte zur Seite und sieht sich dann im Restaurant um. Es hat sich nichts geändert. Okay, warum auch? Sie war das erste mal hier, das ist etwas mehr als ein einhalb Jahre her. Da ändert sich nicht so schnell etwas. Aber wenn sie noch weiter da unten mit Prem wohnt, dann könnte es bald echt noch sein, dass sie nicht sehen bis die Stadt leer ist.

 

Die beiden bestellen als eine Kellnerin an ihrem Tisch ankommt. Und schweigen darauf hin, jeder hängt seinen Gedanken nach. Preety sieht dabei immer wieder aus dem Fenster, hinaus in das Treiben der Stadt. Komisch...

 

„Sag mal, Schatz. Sucht du wen? Oder vermisst du wen?““

„„Warum?““

„„Weil du schon seit dem wir hier unterwegs sind dich immer suchend umgesehen hast, mal nach links, mal nach rechts, dann nach hinten mal weit in die Ferne. Oder aber du hast direkt in einen Laden gesehen, als am Schaufenster das zu beobachten, was du besser sehen kannst!““

„„Und? Darf ich nicht mal...““

„„Sollte ich mir Sorgen machen Preety? Du bist schon die letzten Tage auf der Suche nach jemanden. Ich könnte dich ja jetzt ärgern und sagen, dass du es magst wenn Karan uns verfolgt, aber das will ich jetzt mal nicht behaupten, sonst wirst du sauer!“

„„Ich werde dadurch sauer? Du scheinst ja nur zu glauben, dass ich scharf auf Karan bin.““

„„Stimmt es denn?““

„Warum sollte es? Ich hab ihn vorher nie wahr genommen. Auch wenn ich hier schon vorher gestohlen hab... Ich bin ihm immer entkommen, eh er da war, oder einer seiner Kollegen. Oder seiner Kollegin.““

„„Kamini.“

„„Ja, ja. Genau die. Woher kennst du eigentlich ihren Namen?““ Die Frage ist plötzlich schneller über ihre Lippen, als sie denken konnte. Sie wollte das gar nicht fragen, wollte den Gedanken für sich behalten. Sie hatte das letzte Mal schon geschafft ihn nicht zu fragen und hat sich ihren Teil gedacht. Aber jetzt… „Warum sollte ich ihn nicht kennen? Ich kannte vor dir ja sogar den Namen von Karan.“

„„Mhh. Stimmt wiederum! Aber seit wann weißt du ihren denn?““

„„Seit unserem ersten gemeinsamen Diebeszug. Vor fast einem Jahr. Kannst du dich noch daran erinnern? Du warst so schnell weg.“

„„So wie immer?““

„„Ja, eigentlich hast du recht, du bist immer die schnellere von uns gewesen.““

„Stimmt nicht, du lässt dir nur Zeit, was ich gar nicht verstehe.“

 

Preety fast sich an die Stirn. „Komm schon, du willst dich doch jetzt nicht darüber streiten wie wir klauen oder? Ich meine, dann bin ich eben schneller... Was soll es!? „Du passt dich mir inzwischen an.““

„Warum auch nicht? Mann muss sich in einer Beziehung eben anpassen, sonst funktioniert sie nicht!““

„„Weise gesprochen!““

„„Danke.“

 

Nachdem Prem und Preety eine längere Schweigeminuten eingelegt haben, da eine weitere Kellnerin ihnen nun das Essen und die warmen Getränke bringen sehen sie erst mal hinunter zu ihrem Essen. „Das nenn ich Frühstück! Herrlich.““, beginnt Preety zu schwärmen. Sie liebt ein gutes Frühstück. Das bekommt sie ja unten in dem Loch in dem sie wohnt nicht. Aber das stört sie auch nicht, wäre schon etwas dumm wenn sie sich plötzlich eine Villa leisten könnten. Dann würde die Polizei sie ja sofort finden. Als Preety an die Polizei denkt, geht ihr Blick wieder hinauf zu Prem. Sie hat sich bereits ein Brötchen geschmiert, beide Hälften aufeinander gelegt und beißt nun einmal rein. „„Wir waren bei unserem Problem mit... Ja mit was eigentlich?““ Preety sieht Prem verwirrt an, der allerdings rümpft die Nase etwas und sieht sie dann klärend an. „„Wir waren bei deinen Abschweifungen.““

„„Abschweifungen? Oh, achso... Ja! Ähm, was soll ich dazu nun noch großartig sagen?““

„„Dass du irgendetwas mit Karan vor hast!““

„„Genau, ich will ihn umbringen!““

„„Das würde ich dir zu trauen!““

„„Ich mir nicht... Bei dir schon, aber...““

„„Boar, du ziehst Karan mir vor?““

„„Wie jetzt?““

„„Du könntest mich töten, aber Karan nicht?““

„„Ja.“

„„Du bist unmöglich.““

 

Inzwischen lacht Prem. Er versteht ihre Witze so langsam und plötzlich muss er feststellen, dass sie witzig sind. Wenn auch mit Müh und Not. „Karan wird eh bald Geschichte sein.““

„„Ich weiß. Hattest du das nicht schon mal gesagt!?““

„„Gut möglich, kann mich nicht mehr dran erinnern.““

„„Irgendwie hab ich jetzt etwas Mitleid mit ihm!““

„„Das war ja klar. Lauf nur hinter Karan her, er wartet bestimmt nur auf so eine heiße Braut wie dich.““

„„Darf ich?““

„Was?““

„„Na, zu ihm!?““ Prem lacht erneut auf und nun lacht auch Preety einstimmend. „Ich freue mich schon, ihn fertig zu machen, zu zusehen wie er leiden wird.““

„„Wer weiß, vielleicht hat er ja dieselben Gedanken wie du!““, überlegt Preety auf einmal. „Ich denke, dass hat er garantiert. Verständlich. Wir sind Gegner und werden es wohl bleiben.“

 

Preety sieht Prem interessiert an. Ihr gefällt es, wenn er so am überlegen ist. Dann bilden sich immer so viele Fragezeichen und Ausrufezeichen auf seiner Stirn, als ob sie sie wirklich sehen könnte und das amüsiert sie.

 

„„Warum grinst du so komisch?““

„„Ich grinse nicht komisch. Ich mag deine Denkfalten über der Stirn!““

„„Das ist wohl das einzige was dir an mir gefällt, meine Süße, was?““

„„Ja, der Rest ist dann eher bei Karan!“

„„Und schon wieder, langsam wird es nur noch zur Komödie.““, lacht Prem erneut auf. Auch wenn er ihre Worte wahr nehmen sollte, er verdrängt es. Er nimmt sie nicht mehr wahr. Nachdem sie sie immer wieder sagt muss entweder etwas dran sein oder aber nicht. Wenn nicht, dann ist das gut. Wenn doch auch. Denn was will Preety mit Karan? Der hasst sie doch, genauso wie er ihn hasst. Karan kann Menschen die schlechte Dinge tun nicht lieben, nicht mögen, ja nicht mal interessant finden. Warum also denkt er überhaupt darüber nach?

 

„„Sag mal, denkt du an Kamini?““

„„Was? Warum? Ich versteh nicht wie du gerade auf sie kommst? Ich...““ Preety sieht Prem etwas verwundert an. Er wird plötzlich total unruhig, er sieht total anders aus. Mit dem Namen Kamini hat sie wohl etwas ausgelöst. „Ich bin gleich wieder da...““, steht Prem plötzlich auf und verschwindet irre schnell in die Herrentoilette. Preety sieht ihm nach, beginnt plötzlich zu lächeln, greift zu ihrer Tasse und trinkt genüsslich daraus. Sie isst weiter, nachdem sie ihr Brötchen wieder zur Hand genommen hat und lehnt sich auf der Sitzbank auf der sie sitzt zurück. Sie sieht erneut hinaus kann nun unbeschwert in ihre Gedanken Welt eintauchen. Und dieses tut sie auch so gleich, doch verdammt intensiv.

 

Grünes Gras unter ihren Füßen. Ein großer, Schatten spendender Baum hinter und über ihr. Sie lehnt direkt an diesem schönem Baum. Der Baum ist wirklich ein Prachtexemplar. Zwei Hände liegen an diesem Baum, links und rechts neben ihrem Gesicht und nun spürt sie auch noch dieses kribbeln im Bauch. Dieses ziehen hin und wieder, wenn heißer Atem ihre Wangen und Lippen streicht. Nie zuvor hatte sie dieses Gefühl so nah erlebt. Nie so wie bei ihm. Ein Lächeln bildet sich auf ihren Lippen, sie schließt die Augen. „Ich liebe dich, Preety... Deine Augen sind so schön, dein Körper so betörend. Er soll nur mir gehören, niemandem anderen. Versprich mir das...““ Sie nickt nur schwach mit dem Kopf, spürt kurz darauf seine Lippen. Zuerst direkt am Mundwinkel, dann streichen sie hauch zart über ihre Lippen und bleiben darauf liegen. Nur Millisekunden die ihr wie eine Ewigkeit vor kommen. Dann bewegen sich seine Lippen, umschließen ihre, hüllen ihre voller Verlangen aus, lassen sie schwer zu atmen beginnen und...

 

„Hey, Preety. Ich bin wieder da! Was ist mit dir? Mal wieder in der Vergangenheit versunken.““ Preety schreckt regelrecht auf, versucht ruhiger zu atmen. Der Tagtraum war so intensiv, als ob er sich außerhalb des Restaurants abspielen würde. Dann nickt sie jedoch zur Antwort und lächelt leicht. „Die Anfangszeit ist doch immer die schönste einer Beziehung oder!?““

„„Wenn du von unserer sprichst dann ja.““

„„Natürlich rede ich von unserer.“, lacht Preety schließlich auf. „Von wessen auch sonst?“ Prem lächelt sie verliebt an, das ist seine einzige Antwort.

 

Nach fast einer Stunde verlassen sie das Restaurant wieder. „Nun nur noch was einkaufen.““ Eh sie allerdings zu dem Laden, der nicht weit von der Gasse entfernt ist, in die sie müssen um am Ende wieder unten sein zu können, kommen sie noch an einem Kleidergeschäft an. „Können wir mal rein?““ Preety sieht Prem flehend an. Dieser gibt schnell nach. „Okay.““

„„Oh, danke, danke, danke!“

„„Ist schon gut!““

 

Preety sieht sich alles an. Die schönen Abendkleider, die Sommerkleider, die ganzen kurzen und langen Hosen aus Stoff und Jeans oder anderem Material. Prem bemerkt mal wieder sofort, dass Preety eine typische Frau ist. Sie liebt Klamotten, scheint das Shoopen-gehen zu lieben. Und wie er nun auch zu spüren bekommen wird: Das Anprobieren. Zuerst legt sich Preety nur sich einige Kleider und Röcke, Hosen, Oberteile Gürtel, Sogar Sari-Stoffe, Lehengha Cholis und Salwar Kameenzs über den Arm. Doch da ihr sonst der Arm fast abfällt, dürfen nun auch Prems Arme her halten. „Bist du bald mal fertig? Du hast eh von allem was! Nun probier es doch an... Du wirst es dir eh nicht kaufen können, das weißt du oder?““

„„Wen kümmert das? Mich nicht, ich liebe es mich in neuen und schönen Klamotten zu sehen!““, strahlt Preety. Sie verstaut einige wenige Sachen in der Umkleide, da dort ja nicht so viele erlaubt sind und legt die anderen Sachen zu Prem. Dieser hat einen Sitzplatz gefunden und lässt sich erfreut, aber laut ausatmend auf diesem nieder. Die Modenshow hat noch nicht mal angefangen und er will jetzt schon flüchten.

 

Gerade als er überlegt diesen Gedanken in die Tat umzusetzen, kommt Preety mit dem ersten ihrer Ergaterungen hinaus. Es ist ein langes dunkelblaues Abendkleid. Sie sieht zu Prem, der sie anerkennend ansieht. „„Wahnsinnig heiß!““

„„Ich dachte jetzt kommt etwas wie schön, oder wundervoll. Aber so was gebrauchst du ja nicht, was?““

„„Nö! Du bist eine heiße Frau, was soll ich da anderes sagen?““

„„Du bist ein komischer Vogel!““ Preety dreht sich auf dem Absatz um - nein sie trägt keine Schuhe, sie hat die ausgezogen die sie an hatte um sich immer wieder die anderen Kleidungstücke anzuziehen. Nach wenigen Minuten kommt sie mit einem Zweiteiler an. Es ist eine enge, lange Röhrenjeans, die ein schönes blau hat. Nicht zu dunkel, nicht zu hell. Darüber hat sie ein schwarzes Top an das Schulterfrei ist ihr aber bis über den Po geht. „Wow... Sieht echt sexy aus.““

„„Mhhh... Findest du?““, fragt sie unsicher. Prem nickt. Nun lächelt sie, schnappt sich das nächste. Weiter geht es und das sicher fast zwei Stunden. In der Zeit glaub Prem bis zum Ende hin, dass sie nie fertig wird. Schließlich hängt sie alles an einen der Wagen, die neben den Umkleidekabinen stehen und dann sieht sie zu Prem, der sich inzwischen wieder aufgestellt hat. „So wir können, wenn du magst!““ Prem nickt, sichtlich erfreut. „„Endlich... Und wie gesagt, gekauft hast du dir nichts!““

„„Stimmt, aber vielleicht werde ich mir das ein oder andere noch kaufen.““

„„Und wann?““

„„Wenn du weg bist!““

„Wie wenn ich weg bin? Aus der Stadt meinst du?““

„„Ja, klar, wann denn sonst?“

„„Ja, keine Ahnung... Aber denkst du etwa, ich lass dich hier?... Kommt gar nicht in Frage, du begleitest mich, überall hin!“ Er lächelt zuversichtlich. „Ganz gewiss nicht!“ Preety klingt energisch und bestimmt. „Du willst wirklich nicht gehen?! Aber du wirst hier gefangen!““

„Egal. Ich werde hier sterben wenn es sein muss!“ - „Aber du bist nie an etwas gebunden gewesen, bist es immer noch nicht!““

„„Doch!““ Prem wendet verwirrt den Blick zu Preety. „„Ach? Und an was?““

„„An diese Stadt!““„

„Und warum?““

„Sie ist groß, Prem. Sie hat was, sie bietet so viele Seiten. Hier ist immer was los!““

 

Etwas verzweifelt schüttelt Prem den Kopf. „Das wird ja noch was geben, eh wir gehen.“ Er denkt an so ein oder zwei andere Probleme die noch auf sie zukommen. Aber er sagt nichts weiter. Schweigt bis zum Laden nun. Aber auch Preety sagt nichts mehr, eh sie in den großen Laden gehen dreht sie sich noch einmal um. Irgendwie scheint sie plötzlich anders zu wirken. Wieder in Gedanken. Auf Prems weitere Fragen reagiert sie abweichend und knapp. „„Ist dir nicht gut?“

„Nein, nein. Geht schon!““

„„Bist du dir sicher?““

„„Ja doch. Das anprobieren war wohl etwas zu viel Bewegung!““ Prem lacht auf. „Das sagt mir die Richtige!““ Nun erwidert Preety das Lachen. Nachdem die zwei das Wichtigste haben, es in Tüten gepackt haben und wieder gegangen sind nachdem sie bezahlt haben verlassen sie den Laden. Schon komisch, dass sie sich wie normale Menschen benehmen, aber dennoch stehlen. Versteh einer die beiden. Selber Preety versteht das Prinzip nicht völlig, sie hat es vorher anders gemacht. Ganz anders!

 

Wieder draußen sieht sich Preety erneut um. Ziemlich eigenartig das Ganze, findet sie. Nachdem sie in die Gase verschwinden ist ihre Stimmung schließlich ganz im Keller, was Prem schon auf dem Weg zurück in ihr Unterschlupf zu spüren bekommt. Irgendwas muss zwar sein, aber entweder sie redet drüber oder sie lässt es.

 

***

 

Als Karan an diesem Morgen aufwacht, liegt seine Freundin direkt neben ihm. Eine Hand liegt auf seiner Brust, zum Glück über seiner Wunde. Ihr Kopf liegt direkt neben seinem, allerdings etwas hinunter gerichtet. Vorsichtig hebt er seine Hand, streicht ihr einige Haarsträhnen zurück und haucht ihr dann einen Kuss auf die Stirn. Das scheint Kamini zu wecken. Etwas ruckartig hebt sie den Kopf und öffnet schwach die Augen. Dann schließt sie sie wieder, lächelt und öffnet sie erneut, als sie beginnt sich die Müdigkeit aus den Augen zu wischen. „Guten Morgen, Schatz.““, meint Karan. Kamini kommt auf ihn zu, die Lippen direkt vor seinen und schließt die Augen wieder. „„Guten Morgen, Darling!““, haucht sie ihm dann gegen seine Lippen. Karan sieht sie einfach an. Nach wenigen Minuten öffnet Kamini die Augen wieder, sieht in seine.

 

Stöhnend löst sie sich. „Dann gehe ich jetzt lieber hinunter und mach was zu essen.““ Karan erwidert nichts, dreht sich im Bett auf den Rücken und lässt zu, dass Kamini das Bett und dann das Zimmer verlässt. Diese dreht sich an der Tür noch einmal um, sieht ihn kurz aber intensiv an, dann schüttelt sie mit dem Kopf und verschwindet endgültig.

 

Karan schließt die Augen, atmet dabei einmal aus. Es klingt fast schon erleichtert. Hat das mit Kamini zu tun? Oder mit etwas anderen? Karan schweift in seinen Gedanken ab. Er wird die Woche wohl schlecht raus bekommen, schlecht seiner Arbeit nachgehen können. Das ist das dumme an seinem Job, es ist möglich, dass er sich verletzt. Es kann so vieles passieren. Und es wird noch vieles passieren. Da ist er sich sicher. Er weiß, oder jedenfalls rechnet er damit, dass vor allem sein eigener Auftrag in sein Leben kosten wird. Er weiß nicht warum, aber Hoffnungen macht er sich inzwischen keine mehr. Es ist zu riskant. Vor allen in der letzten Zeit. Wenn das so weiter geht hat er sogar angst, dass es ihn vorher schon erwischen wird. Vor einiger Zeit hat ihn dieser Gedanke nicht geplagt, da war er sicher, dass es Prem ist, der ums Leben kommt. Und er würde gerne heute noch das selbe glauben. Aber dazu fehlt ihm die Kraft. Kaum ist er nicht auf der Arbeit, fühlt er sich alles andere als stark oder unbesiegbar. Keiner ist unbesiegbar. Karan war es. Vielleicht war er es aber auch wirklich...

 

Nach fast einer ganzen Stunde in der Karan unter der Decke lag und seinen Gedanken nach hing kommt nun Kamini in den Raum. „Kommst du runter... Karan? Du liegst ja immer noch im Bett?““ Karan schreckt aus seinen Gedanken. „Ja, es tut mir leid. Ich hab nur an etwas gedacht!““

„„Wiedermal an Prem?““

„Ja, sorry.“ Kamini kommt unterdessen auf ihn zu, schnalzt einmal verächtlich auf. Sie hilft ihm aus dem Bett. „„Bleib hier stehen... Und warum verschwendest du deine Gedanken an ihn? Das klingt ja fast, als ob ich eifersüchtig sein müsste!““

„„Warum? Ich bin nicht schwul!““

„„Schlecht, ich glaub sonst wärst du nicht mit mir zusammen!““

„„Wer weiß. Als Polizist muss man den Schein waren!““

„„Welchen Schein?““

„„Kamini, ist egal. Danke!““ Er nimmt das Hemd entgegen, dass Kamini gerade aus seinem Schrank nimmt und ihm reicht. Er wirft sich das Hemd regelrecht um die Schultern, verzieht aber leicht das Gesicht. Er hat seine Wunde fast vergessen.

 

„Ich finde das nicht egal. Welchen Schein? Verheimlichst du mir etwas?““

„„Nein, ich hab dir bis her alles gesagt, was es über mich zu erzählen gibt...“

„„Ach und das wäre?““

„„Sagte ich doch schon...““

„Witzig, Karan, wirklich sehr witzig!““

„Ich fand es gut!““

 

Kamini hilft ihrem Freund die große, leicht geschwungene, Treppe hinunter. Dann durch den Flur, neben der Treppe in die Küche, dort setzt sie ihn auf einen Stuhl und setzt sich schließlich ihm gegenüber. „„Ich hab extra etwas tolles für dich gemacht!““

„Und das wäre?““

„„Sei nicht so neugierig, las dich überraschen.“

 

Kamini hebt die Deckel von den Schüsseln. „Was ist das? Ist das Schweinefleisch?““ Kamini lacht auf, okay es ist nur ein leichtes lachen, aber sie nickt nun. „Ja, warum? Was ist denn damit?““

„„Ich vertrag kein Schweinefleisch, da kannst du mich gleich ins Krankenhaus bringen!““

 

Kamini reißt die Augen auf. „Verarsch mich nicht.“

„Tue ich nicht, das ist mein Ernst!““

„„Karan.“

„„Verdammt, glaub mir doch einmal. Ich esse das nicht... Sorry, ich glaub dir gerne, das das schmeckt. Aber ich vertage das Zeug nicht, mir wird ja nur schon schlecht wenn ich es rieche.“ Kaminis Blick wird weicher, ihre Gesichtszüge zeigen nun eher Trauer und Verzweiflung. Karan sieht sie immer noch etwas sauer an. Aber er wollte ja nicht fies oder böse klingen. „„Es tut mir so leid. Das hätte ich wissen müssen.“

 

Karan steht auf, geht um den Tisch und setzt sich vorsichtig neben Kamini. An der Schulter zieht er sie vorsichtig zu sich. „Nein, hör auf. Wehe du weinst jetzt. Ich...““ Karan sieht auf den Tisch, dann wieder zu Kamini. „Kannst du den Deckel wieder auf die Schüssel tun, sonst übergebe ich mich gleich wirklich.““ Eine Träne löst sich aus ihrem Auge und Kamini nickt schwach, macht dann worum Karan sie gebeten hat. „...Und nun hör mal. Ich hätte dir das schon eher sagen müssen. Ich hab es allen schon von Anfang gesagt. Nur bei dir musste ich es natürlich vergessen!““ Das ist nicht gelogen. Karan ist wirklich eine Person, die immer gleich alles sagt, was sich angeht. Okay es gibt Dinge die er da als Ausnahme ansieht - verständlicher Weise. Nur einer einzigen Person hat er bis heute sein ganzes Leben anvertraut...

 

„Ich hätte nachfragen können. Ich bin so dumm... Ich hab dich in unserer Beziehung nie Schweinefleisch essen sehen, du hast bei jeder Verabredung darauf bestanden, dass es Pute, Geflügel oder Rind ist... Ich bin so dumm.““

„Ich sagte doch, du sollst nicht weinen!““

„„Tut mir leid.““

„„Hör jetzt auf zu weinen. Ich kann keine Frau weinen sehen!““

„„Du bist wirklich unglaublich!““

„Ich weiß, ich bin toll!““

„„Oh, ein kleiner Angeber!““

„„Nein, mal im Ernst. Du hörst jetzt auf zu weinen und lässt uns weiter frühstücken. Mir tut langsam der Bauch weh, weil ich voll unbequem sitze und du deinen Ellenbogen in meinen Bauch rammst.““

„„Oh, man. Sorry, Schatz. Ich hab total vergessen, dass du ja dein Verband um hast!“

„Schon okay!““

 

Karan steht wieder auf, ganz vorsichtig, da ihm sein Bauch nun etwas schmerzt, dank Kaminis Ellenbogen. Aber er schafft es wieder um den Tisch zu kommen und füllt sich dafür etwas, von dem Reis, den Bohnen, dem Mais und der Soße auf. „Das schmeckt köstlich...““ Kamini strahlt wieder über das Ganze Gesicht. „Das freut mich.“, meint sie dann und füllt sich etwas auf. „Soll ich dir vielleicht sagen, was ich noch alles nicht essen kann?““ Kamini seht ihn neugierig an. „Da gibt es noch mehr?““, fragt sie verwundert. Karan nickt. „„Dann leg mal los!““ Karan lacht leicht auf.„ „Ich bin allergisch gegen Nüsse und Zimt.“, beginnt er dann und zählt noch einige Dinge auf. „Gut zu wissen.“

„„Ja, stimmt... Zum Glück hab ich dir jetzt alles gesagt.““

„„Und was machen wir die Zeit, wie du nicht arbeiten kannst?““

„„Ich werde hier bleiben und du wirst arbeiten gehen.““

„„Keine Sorge, ich hatte nichts anderes vor. Aber was sollen wir denn mir dir hier machen?“

„„Schatz, mach dir keine Gedanken. Ich schaff das einige Stunden auch schon allein. Die Zeit werde ich einfach ins Bett gehen und schlafen. Du hast ja eh die Nachtschichten!““

„Okay und was machen wir heute noch?““

„„Mir egal. Das kannst du gerne entscheiden!““

 

Kamini beginnt zu überlegen. „Wie sieht es damit aus, dass wir uns jetzt gleich rüber ins Wohnzimmer setzen und ich dir noch ein paar Fragen stellen kann... Und du mir, solltest du welche haben!““

„„Okay, gute Idee!““

„„Geh du schon mal langsam ins Wohnzimmer. Ich räume hier nur auf und dann komme ich nach!““

„„Wortwörtlich.““ Kamini lacht nun leicht, weil sie weiß auf was Karan angesprochen hat. Er erhebt sich schließlich aus dem Stuhl und macht sich nun langsam auf den Weg ins Wohnzimmer um sich da auf das Sofa nieder zu lassen. Er legt den Kopf etwas nach hinten, schließt dabei die Augen, legt sich die Hand auf den Bauch und wartet schließlich nur darauf, dass Kamini zu ihm kommt. Diese kommt nach guten 10 Minuten auch schon und setzt sich neben ihn, küsst ihn auf die Wange und animiert ihn dazu die Augen wieder zu öffnen. Karan legt den Kopf zur Seite und sieht sie an. „Dann schieß mal los, mit deinen Fragen!““