Kapitel 3

Sanjana stand bereits wieder von ihrem Bett auf und sah dann zu ihrem Bruder hinunter. „Willst du nicht mit?“, fragte sie vorsichtig und reichte ihm ihre Hand. Diese ergriff ihr Bruder, aber anstatt aufzustehen zog er sie zurück auf das Bett. Stumm sah er zu ihr während sie begann ihn fragend zu mustern. „Was ist?“, wollte sie dann wissen. Aditya schüttelte mit den Kopf und lies den Kopf sinken. „Es ist nur...“, begann er. Sanjana wusste, wenn er so mit ihr redete, dann war etwas nicht in Ordnung, oder es war etwas passiert. Sie hoffte das zweite, denn irgendwie konnte sie sich nicht erklären, was denn nicht mit ihm stimmte.

„Sag, wenn du was zu sagen hast. Ich sehe dir an, dass etwas ist. Nun rede!“, verlangte sie dann und sah ihn nun etwas besorgt an. Aditya lächelte erneut, aber dieses mal war es nicht ein freundliches oder aufheiterndes Lächeln. Nein, es sah eher aus wie ein verzweifeltes Lächeln. „Nun ja. Ich hab es dir nicht übel genommen, dass du keine Zeit hattest anzurufen!“, lies er dann leise verlauten, er senkte den Kopf, doch das ignorierte Sanju gekonnt. „Das sagtest du doch bereits. Wenn du das nun immer und immer wieder sagst, dann kann ich davon ausgehen, dass es nicht so ist. Sondern eher, dass du es doch nicht besonders toll fandest, dass ich nicht angerufen hab. Aditya, ich...“

Aditya stoppte seine Schwester eh sie weiter reden konnte. „Nein, nein. Es ist mein ernst, denn ich muss dir was sagen. Ich wollte es ja schon Mama und Papa sagen, aber die haben mich ja nicht einmal zu Worte lassen kommen.“, meinte er dann und blickte nun wieder zu seiner jüngeren Schwester auf. „Nun dann. Schieß schon los.“, begann sie ihn dann zu zwingen und sah ihn voller Neugierde an. Sanju war eigentlich nie wirklich neugierig, nur dann wenn sie wusste es hatte etwas mit der Familie oder mit ihr selber zu tun. Und anscheinend hatte es das, zu mindestens wusste sie, dass es mit ihrem Bruder zu tun hatte und um so neugieriger wurde sie.

„Ich hatte eigentlich zuerst angst dir davon zu erzählen. Ich meine, ich hab das von dir, Asif und Aman gehört. Ich weiß noch wie du mich vor fast einem Jahr angerufen hattest und mir davon erzählt hattest.“ Sanju unterbrach ihn. Es gab Dinge über die sie reden konnte und es gab Dinge über die sie nicht reden wollte. Dieser war einer davon. Aman konnte ihr egal sein und erst recht Asif. Warum sie mit ihm zusammen war kann sie sich heute nicht mehr erklären. Liebe machte blind und genau das war sie wohl auch: Blind vor Liebe. Und was Aman tat war auch nicht toll. Er wollte ihr zwar nur helfen, aber glaubte er etwa sie käme nicht allein zurecht? Das Asif sie schlug war wohl das endgültige aus.

Wegen eines dummen Filmes. Nur weil Asif nicht wollte, dass Sanju und Aman zusammen
in dem Film 'Rahana' zu sehen sein sollten. Heute konnte sie darüber lachen. Ja, das konnte sie. Aber auch nur, weil sie es immer wieder verdrängte. Nicht in der Hinsicht, dass sie nicht darüber redete. Nein, Sanjay schien ihr wichtiger. Ihr schien es nicht nur so. Es war so. „Aditya. Lass es gut sein. Ich will nicht, dass du über die zwei redest, jedenfalls nicht in meiner Gegenwart. Bitte!?“ Aditya nickte, hätte er jetzt etwas gesagt, wäre es schon wieder zu viel gewesen, das wusste er und aus dem Grund erzählte er einfach weiter.

„Nun gut, es geht darum. Du kennst Simran, oder?“, fragte er dann. Sanju bemerkte sofort was er wollte, aber dennoch musste sie gerade erstmal überlegen. „Simran... Simran... Ahhhh... Ja, warum?“, fragte sie dann, wie sie endlich das passende Bild zum Namen hatte. Sie war ihr schon öfters begegnet, auch wegen 'Miss India' oder ähnlichen Wahlen. „Nun ja. Sie war ab und an bei der Uni in der Gegend und ich kannte sie ja auch schon vorher. Aber...“ Aditya unterbrach sich selber, senkte den Blick wieder. Sanju begann zu grinsen und quietschte plötzlich los, als ob sie laut schreien wolle nur den Ton nicht heraus bekam. „Sag nicht... ihr zwei seit ein Paar!?“ Aditya zuckte mit den Schulten: „Nun ja, nicht direkt. Aber wir mögen uns!“

Sanju klatschte erfreut in die Hände. „Das ist ja wunderbar, ich freu mich voll für dich!“, schmiegte sie sich an ihren Bruder, eh sie sich selber wieder von ihm löste. „Nun können wir runter, oder gibt es noch etwas das du mir sagen musst?“, stand Sanju nun wieder auf. Aditya lachte leise auf, schüttelte dann mit den Kopf und stand dann auch auf.

Sanjana und Aditya gingen nach einer Weile wieder runter, ihre Eltern saßen immer noch im Wohnzimmer. Vorsichtig betrat Sanju das Zimmer und blieb stehen wie ihre Eltern zu ihr sahen. Ihr Bruder ging unbeirrt weiter und setzte sich auf den Sessel auf dem er zuvor auch schon saß. Sanju blickte vom Boden hinauf zu ihren Eltern, sie kämpfte nun gegen Tränen wobei sie nicht mal wusste wo die so schnell her kamen. Sie wollte sich auf das anliegende Gespräch konzentrieren. „Mama, Papa...“, begann sie dann mit erstickter Stimme, etwas zurückhaltend. Ihre Eltern sahen sie weiterhin an, warteten, dass sie zu reden begann.

„Ich möchte mich für vorhin entschuldigen. Doch ihr müsst auch mich verstehen, ich liebe Sanjay. Ich liebe ihn wirklich!“, meinte sie dann, ging vorsichtig auf die zwei und das Sofa zu und sank dann vor ihnen auf die Knie. Langsam ging sie hinunter, faltete die Hände ineinander und lehnte sich ans Sofa. „Wenn ihr ihn kennen würdet, dann würdet ihr mich verstehen. Ja, ihr seht ihn, sagt ihm 'Hallo' und das war es dann aber auch schon. Sanjay muss man erst erleben um ihn einschätzen zu können. Ja, er ist etwas verrückt, eigentlich total verrückt aber er ist liebevoll und er liebt mich. Das hat er heute erst bewiesen.“

Karan und Mira sahen ihre Tochter aufmerksam an. Warteten, dass sie weiter redete, denn sie sahen ihr an, dass sie ihre kleine Rede noch nicht beendet hatte. Und das hatte Sanju wirklich nicht. „Versteht ihr mich? Darf ich nicht lieben wen ich will? Ich hab vorher auch zusammen sein können mit dem ich wollte. Ich kann verstehen, wenn ihr euch um mich sorgt, aber das braucht ihr nicht. Ich liebe Sanjay.“, erklärte sie ein weiteres Mal, nun jedoch stiegen ihr zu allem Überfluss auch noch Tränen in die Augen. Hatte sie einfach große Angst, was denn ihre Eltern sagen würden, was sie denn hatten, dass sie so reagiert hatten. Aber was hatten sie denn getan? Was hatten sie denn so falsches gesagt?

„Mein Kind...“, unterbrach ihr Vater ihre Gedanken und lies sie hinauf sehen. Ihr traten nun die ersten Tränen aus den Augen, da sie sie einfach nicht mehr zurück halten konnte. Aditya saß daneben und sagte gar nichts, ihm schien es fast schon egal zu sein, was hier los war. Aber dem war nicht so. Er wusste, dass es ein Gespräch war, das nichts mit ihm zu tun hatte in dem Sinne, dass es ihn nicht wirklich betraf. Klar würde Sanjay dann auch oft bei Sanju sein und Aditya wäre dann auch mal bei Sanjay. Aber er war nie jemand der skeptisch jemanden gegenüber war. Er konnte sich ein Bild erst machen, wenn der andere vor ihm stand und mit ihm redete. Erst dann versuchte er herauszufinden ob derjenige ihm gegenüber etwas gegen ihn hatte oder nicht, ob er sich mit ihm verstehen könnte oder es eben nicht.

Sanju sah unterdessen immer noch zu ihrem Vater auf, der das Gesicht seiner Tochter ergriff, eh er ihr unter den Augen die Tränen weg wischte und ihr vorsichtig mit der Hand über das Haar strich. „...Hör mir mal zu. Du darfst lieben wen du willst und wir werden jeden jungen Mann akzeptieren, denn du uns vorstellst. Egal ob wir ihn mögen oder nicht. Wer muss denn mit ihm leben, doch sicher nicht deine Mutter und ich, oder?“, fragte Karan. Sanju schüttelte leicht mit dem Kopf, setzte sich dann wieder zwischen ihre Eltern und schlang die Arme um ihren Vater, um ihren Tränen freien Lauf zu lassen. „Ich hab nur angst, dass ihr mir verbietet mich mit...“ - „Shhh, denk so was nicht einmal, hörst du?“ Vorsichtig begann sie zu nicken.

Hinter ihr ergriff nun ihre Mutter ihre Schulter und veranlasste, dass sich Sanju zu ihr drehte und sie nun fragend an sah. „Wem du dein Herz schenkst ist dir überlassen und dagen werden wir auch nichts sagen. Lass ihn uns kennen lernen. Wir sind zwar gut mit Satwinder und Jia befreundet, aber wir haben sie nie als Familie angesehen, in dem Sinne, dass unsere Kinder sich lieben. Wir verstehen dich und hoffen, dass du uns auch irgendwo verstehst!?“ Nickend fiel Sanju nun auch ihrer Mutter in die Arme, sah dann hinter ihr zu ihrem großen Bruder und bildete mit dem Mund ein einfaches „Danke!“ Aditya lächelte nur und nickte schwach, sie beruhigen wollend. Das brauchte er nicht mehr, es schien alles gesagt zu sein. Und es schien, als ob die Sache positiv war. Das war sie, für wohl jeden.

„Ich danke euch zwei.“, sah Sanju nun zwischen ihren Eltern hin und her, lächelte schwach und lies sich von ihren Eltern umarmen. Diese waren, genau wie sie, froh wenigstens darüber gesprochen zu heben. Doch sie hatten immer noch ihre Zweifel. Zurecht...


Auch Sanjay und seine Schwester wollten gerade hinunter gehen, da Alisha ihn gerade
überredete hatte mit seinem Vater in Ruhe zu reden. Jedoch hinderte ein Klopfen an der Tür die zwei das Zimmer zu verlassen. Beide standen am Bett, hatten sich wieder gefasst - vor allem Sanjay. Dieser hatte geschafft endlich seine Tränen wieder unter Kontrolle zu bringen. Er wusste selber nicht was ihn dazu brachte so in Tränen auszubrechen. Er war noch nie eine Person gewesen, die bei jedem Thema sofort anfing zu weinen. Er konnte ja nicht mal bei einem Bollywood, bei dem andere im Normalfall zweimal weinten, richtig mit weinen.

Als sich Sanjay zur Tür drehte merkte er, dass er gar nicht mehr runter gehen brauchte. Sein Vater hatte ihm den Weg erspart. Er war selber hinauf gekommen. „Sanjay? Können wir reden?“, fragte er dann. Er klang nicht leiser als sonst, nicht distanzierter. Er klang wie immer. Wie man Satwinder eben kannte. „Ja, klar.“, erwiderte Sanjay schwach, er sah anschließend zu seiner Schwester. „Ich bin schon weg.“, meinte Alisha, sah hinunter und war auch schon aus dem Zimmer, neben ihrem Vater vorbei, verschwunden. Nun standen die zwei sich im Zimmer gegenüber. Einige Meter trennten sie, wie Satwinder die Tür hinter sich schloss.

„Papa, ich...“, begann Sanjay und wurde auch schon unterbrochen. Sein Vater hob nur die Hand und schon verstummte er. Klar hätte er versuchen können erneut anzufangen und weiter zu reden, doch das würde bei seinem Vater eh nichts bringen. Er würde ihn ansehen, nichts sagen aber dafür genug zum Ausdruck bringen. „Lass mich zuerst reden.“, bat Satwinder und ging dann einige Schritte auf seinen Sohn zu. „Das vorhin unten... Gott, ich hab nie daran gedacht dich zu... Ich könnte mich nun selber dafür Ohrfeigen. Ich bin dein Vater, aber ich hab dennoch nicht das Recht dich zu schlagen.“ Sanjay schüttelte mit dem Kopf. „Ich kann deine Reaktion verstehen. Aber ich verstehe keinen Sinn darin!“

Satwinder blieb stehen, sah seinen Sohn lange an und überlegte, was er ihm damit sagen wollte. „Egal, es entschuldigt nicht, dass ich dich geschlagen hab. Hab ich dich bis zum heutigen Tag einmal geschlagen?“, fragte er dann weiter. Sanjay senkte den Blick, schüttelte aber schwach den Kopf. „Und ich hatte es auch nie vor. Ich war geschockt, dein Satz war so schnell gesagt, dass es mir die Sprache verschlug. Ich wusste nicht was in dich gefahren war. Warum du dir das antust!“ Sanjay hob den Kopf. Was sagte er da? Redete er gerade von Sanju? Von seiner Sanju? Was er sich antat? Das ergab kein Sinn. Was sollte das mit Sanjana zu tun haben. Redete sein Vater da überhaupt von Sanju? Was wenn ja? „Was gefällt dir an Sanju nicht?“, begann er leise und sah seinen Vater verständnislos an.

Nun sah Satwinder fragend zu seinem Sohn. Hatte er sich falsch ausgedrückt? Als ihm auffiel, was er gesagt hatte und wie Sanjay dies wohl aufgenommen haben muss lachte er schwach auf. „Oh, Gott, mein Sohn. So meinte ich das doch gar nicht. Sanjana gefällt mir sehr, sie ist wunderschön, eine liebe und nette Frau. Aber bist du dir sicher...“ Nur wie er 'Aber' sagte schob Sanjay den Kopf nach hinten, begann fassungslos aber langsam den Kopf zu schütteln. Ein 'Aber' war noch nie gut, nicht in so einem Zusammenhang. „...Ich sag es anders. Ich glaube ihr zwei würdet gut zusammen passen, ich würde nie etwas abwägen, was du gerne möchtest. Was du dir wünscht...“

Sein Vater stoppte sich selber ging weiter auf ihn zu und sah Sanjay prüfend an. „Wie lange glaubst du, werdet ihr zusammen sein? Seit ihr überhaupt schon in einer Beziehung? Wann hast du es ihr gesagt? Heute, vor ein paar Stunden? Da schon gleich an mehr zu denken ist falsch.“, erklärte er dann ruhig und ergriff vorsichtig die Schultern seines Sohnes. „Ich habe nicht vor sofort zu sagen, ich werde sie heiraten und am besten sofort und auf der Stelle. Ich liebe sie, ja. Aber ich habe nicht vergessen, was geschehen ist Vater, wenn du das meinst. Ich weiß, dass Beziehungen erst ein gewissen Limit haben müssen. Ich weiß, was es heißt eine Beziehung nicht gleich zu überstürzen.“

Sein Vater nickte einverstanden, klopfte ihm nun stolz auf die Schultern. „Ich mag Sanju, das sollst du wissen. Und dennoch werde ich skeptisch bleiben. Ich will mir keine Sorgen machen und deswegen frage ich unten gleich deine Mom ob sie das macht für mich.“, meinte er dann, zwinkerte seinem Sohn zu, der wegen seines letzten Kommentars nur lachen konnte.

Viel haben Sanjay und sein Vater nicht mehr miteinander gesprochen. Kurz nachdem das
wichtigste, was ja das war, dass Sanjay offensichtlich mit Sanju zusammen war, geklärt war verließ sein Vater das Zimmer und lies seinen Sohn allein. Der war froh darüber, denn so konnte er sich dank dem langen Tag mal etwas zurück legen. Das Gespräch von eben nagte auch noch an ihm. Er hatte das Gefühl, dass es nicht viel verändert hatte. Wie konnte er seinen Eltern nur beweisen, dass es ihm ernst war? Dass ihm Sanju wirklich was bedeutete? Und nicht nur was. Sondern enorm viel. All diese Fragen schwirrten ihm im Kopf umher.

Er hatte sich auf sein Bett gesetzt, sich zurück gelegt und starrte an die Decke. Seine Gedanken kreisten, seine Vorstellungen machten ihm zu schaffen. Alles hatte mit Sanju zu tun. Wenn er an sie dachte fühlte er sich frei. Nie hatte er so etwas in der Art gespürt. Es war irgendwie anders. Dass ihm das bei den ersten Arbeiten mit ihr gar nicht aufgefallen war. Dass er nie zuvor so etwas gespürt hatte, wenn er bei ihr war. Erst seit den Dreharbeiten zu ihrem gemeinsamen, neuem Film ging es ihm so, fühlte er so. Es war zum verrückt werden. Und dennoch huschte ihm ein Lächeln über die Lippen. Es war zwar eigenartig, aber es war schön.

Ihn riss ein erneutes Klopfen, an der Zimmertür, aus seinen Gedanken. Er schreckte regelrecht im Bett auf und sah zur Tür. Diese öffnete sich auch kurz darauf und es sah seine Schwester in das Zimmer. „Na, Bruderherz. Seit ihr fertig?“, frage sie, schloss leise und vorsichtig seine Zimmertür, lehnte sich dann daran und sah ihn neugierig an. Sanjay nickte mit dem Kopf und sah sie dann lächelnd an. „Habt ihr über alles reden können?“, wollte sie dann wissen und ging dann auf ihn zu. Auch dieses Mal nickte er, erwartete dass sie sich gleich neben ihn setzte. „Ich hab aber das Gefühl, dass nichts gebracht ha. Er ist skeptisch und er wird es bleiben!“

Enttäuscht sah Sanjay hinunter zu Boden. Wollte er etwa wieder weinen? Nein. Er versuchte wiedermal gegen seine Tränen an zu kämpfen. Er war nicht schwach, er konnte sie zurück halten. Was wäre man auch anders von ihm gewohnt? Wenn er allerdings wollte, dann konnte er weinen wie ein Schlosshund, seine Schwester erlebte das oft genug. Aber da traute er sich einiges. Generell in seiner Familie. Sein Blick ging wieder zu ihr hoch. „Warum sagst du nichts dazu?“, fragte er dann vorsichtig. Seine Stimme wurde leiser, sie klang viel mehr erstickt. Er kämpfte wirklich mit den Tränen und das brachte Alisha echt zum Nachdenken. Sie lächelte, mit Tränen in den Augen.

„Du bist echt stark, Kleiner. Ich könnte das nicht, vor allem nicht, wenn ich von Vater ermittelt bekommen würde, dass er skeptisch wäre. Ich glaub mich würde das voll fertig machen.“, meinte sie dann, ergriff Sanjays Hand und strich vorsichtig darüber. Er liebte diese Geste, ihn verband so viel mit seiner Schwester und er teilte auch sehr viel mit ihr. Dafür liebte er seine Eltern, sie haben ihn und seine Schwester nie voneinander getrennt, sie nie gezwungen miteinander zu spielen oder gar dazu gezwungen es nicht zu tun. Und dennoch verband sie ein unsichtbares Band. Ein Band der Geschwisterliebe.

Sanjay schüttelte den Kopf. „Nein, Alisha, das bin ich nicht. Ich versuche nur mir nicht zu viel darauf einzubilden. Oder besser nicht damit anzufangen, denn wenn ich erst einmal anfange...“, meinte Sanjay und hörte dann auf. „Ich weiß!“, erwiderte seine Schwester und zog ihn dann zu sich. „Danke dir.“, flüsterte er dann. „Wofür?“, fragte sie verwundert. „Na dafür, dass du für mich da bist!“ Lächelnd löste sich Alisha von ihrem jüngeren Bruder und sah ihn an. „Das ist doch keine große Sache, das mach ich gerne. So was machen Geschwister!“, erwiderte sie, als sei es echt etwas vollkommen natürliches und normales. Aber das war es nicht.

„Soll ich dich etwas allein lassen?“, fragte sie anschließend. Sanjay nickte nur schwach. „Ich bin schon weg. Gute Nacht!“, meinte sie dann, stand auch schon auf und war drauf und dran zu gehen. Doch Sanjay ergriff ihre Hand, zog sich dann hoch und schloss seine Schwester noch einmal in die Arme. „Danke dir für alles.“, flüstere er dann leise.


Sanjana war nun wieder in ihrem Zimmer, war drauf und dran dabei sich schlafen zu legen. Sie saß bereits im Bett als ihr Handy zu klingeln begann. Sie stand auf, da sie bereits unter der Decke lag und ging zum Schreibtisch, in ihrem Zimmer, auf dem alle ihre Unterlagen lagen. Filmprodukte, Unterlagen für Filme, Briefe, Fanpost. In letzter Zeit kam sie allerdings wirklich zu nichts, denn sie musste feststellen, dass die Post immer mehr wurde. Nie hatte sie nicht mal die Zeit gehabt wenigstens ihre Post zu lesen. Im Grunde könnte sie sich schämen und dennoch tat sie es nicht. Sie verwarf rasch die Gedanken und widmete sich ihrem Handy.

Es war eine SMS angekommen. Das hörte sie aber schon am Klingelton. Wie sie sah, von wen die SMS kam, legte sie sich wieder zurück ins Bett. Sie begann zu lächeln, als sie den Namen 'Sanjay' auf dem Display zu lesen bekam.
Dieser war natürlich auch allein in seinem Zimmer. Hatte sich im Bett zurück gelegt, oder gesetzt - wie man es nennen wollte. Doch er konnte einfach nicht schlafen, auch
wenn er es versucht hatte. Aus dem Grund hatte er sein Handy, das bei ihm wie gewöhnlich neben dem Bett, auf seinem Tisch lag, gezückt und tippte rasch eine kurze SMS an seine 'Herz-Dame'.

'Hey, Sanju. Bist du noch wach? Wenn ja, hast du Lust mit mir zu reden? Ich würde dich auch anrufen!'
Sanju musste zu lachen beginnen. Es war kein lautes Lachen, dass ihre Familie hätte
neugierig machen können. Es war leise, aber amüsiert. Sie schrieb sofort zurück, sodass die SMS wenige Minuten später bei Sanjay ankam.
'Ich bin noch wach, kann nicht schlafen und würde es sehr toll finden, wenn wir noch etwas reden würden.'
Kurz darauf klingelte auch schon Sanjus Handy. Und sie wusste, dass es nicht der Sound zur Bekanntgabe, dass sie eine SMS bekommen hatte war. Aus dem Grund nahm sie kurzentschlossen ab.

„Sanjana?“ - „Hey, ich bins!“ - „Wer ist denn 'Ich'?“ - „Stell nicht so dumme Fragen, wer wollte denn, dass ich anrufe?“ - „Du! Denn du hast auch mit den SMS schreiben angefangen...“ - „Mist, stimmt!“ - „Na siehst du! Wolltest du etwas bestimmtes?“ - „Nein, nur mit dir reden.“ - „Oh...“
Es herrschte anschließend ein Schweigen. Ein Schweigen das weder ihm noch ihr peinlich war, oder unangenehm. Es war ein normal Schweigen, eines das niemanden zwang etwas zu sagen. Und genau das taten sie dann auch. Weiter schweigen. Einfach mal die Ruhe und Stille genießen. Alles andere vergessen nur an den anderen denken.
„Schläfst du etwa?“, fragte Sanjana jedoch nach fast fünf Minuten. „Nein, tue ich nicht. Ich denke nur nach!“

Nun wurde Sanjana neugierig. „Worüber denkst du nach?“ - „Über uns zwei, über unsere
Eltern... Über alles!“ Sanju kräuselte die Stirn. Aber da sie schwieg wusste Sanjay, dass sie sicher gleich etwas fragend würde. Er machte sich mit einem Lächeln darauf bereit. „Warum machst du dir so viele Gedanken?“, fragte sie dann entschlossen. Ihr viel keine bessere Form ein, wie sie das alles in eine Frage stecken konnte. „Hör mal. Ich hab angst.“ Sanju lachte leicht auf. „Du hast angst? Ich höre heute so oft von dir, dass du angst hast. Aber seit wann haben Männer angst?“, fragte sie verwundert. Empört zog Sanjay die Luft ein, was bei Sanju ein leises Lachen verursachte, das er aber nicht hörte, da er zu sehr damit beschäftigt war empört zu sein.

„Dürfen Männer keine Angst haben?“ - „Nein!“ - „Warum nicht?“ - „Es macht euch zu
Schwächlinge!“ - „Was? Du nennst mich einen Schwächling?“ - „Nein!“ - „Und was...“ - „Ich hab nicht direkt dich angesprochen, sondern generell Männer!“ - „Ich bin ein Mann!“ - „Ich weiß!“ - „Warum lacht du denn?“
Sanju war kaum zu beruhigen, sie konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Drückte sich dann letztendlich die Decke an den Mund und atmete dabei tief in und wieder aus. Das
half. Das half immer. „Gut, geht wieder...“ - „Schön! Nun sag mir...“ - „Tut mir leid, Sanjay. Das war nicht so gemeint. Ich frage mich nur warum du angst hast!?“

Sanjay sank wieder in die Kissen zurück und sah dann nach oben, an die Zimmerdecke. „Das ist einfach. Ich liebe dich und ich will dich nicht verlieren. Was ist, wenn unsere Eltern skeptisch bleiben?“
Sanju öffnete überrascht ihre Augen. „Deine sind auch skeptisch?“

„Ja...“, begann Sanjay nach einer kurzen Pause in der er schwer ein und wieder ausatmete. „...Du hattest recht. Es ist mein Vater.“ Sanju schloss die Augen für Sekunden. „Meine sagten es nicht, aber ich bin mir sicher. Wir haben lange geredet. Wirklich echt lange. Ich bin zuerst voll aus gerastet und bin nach oben. Mein Bruder hat mich dazu gebracht wieder hinunter zu gehen!“ - „Dein Bruder? Aditya? Seit wann ist er denn wieder da?“ - „Seit heute. Er steckt in einer ähnlichen Situation. Sagt es unseren Eltern aber noch nicht, da sie wohl zu sehr damit beschäftigt sind gerade sich den Kopf zu zerbrechen wegen mir.“

Eigentlich hätten es die zwei ihren Eltern gar nicht sagen brauchen, denn sie sind ja nicht mal richtig offiziell zusammen. Es hätte gar nichts gebracht. Nein, dass hatte es bis hier her eh nicht. Sie sind höchstens 5 Stunden zusammen und schon reden sie mit ihren Eltern? Nur, weil sie es wenigstens wissen sollten. Aber es war richtig. Was wäre wenn sie es von jemand ganz anderem erfahren hätten? Gott, das würden sie ihren Kindern nie verzeihen. Aus genau dem Grund und sicher noch zich anderen haben sie es ihren Eltern schon heute gesagt. Vielleicht akzeptieren sie ja die Liebe der zwei. Irgendwann. Nicht das es da zu spät ist und die zwei da heraus gefunden haben, dass sie doch nicht zusammen passen, oder dass die Eltern sie bis dahin wieder so weit haben, dass sie echt keine Zukunft für sich zwei sehen.

„Aber sag mal, sind wir nicht bei uns? Ich meine, warum rede ich hier von meinem Bruder? Du hast doch sicher nicht wegen ihm angerufen, oder?“ - „Doch!“ - „Ach!? Und woher wusstest, du dass er da ist?“ - „Ich bin Hellseher, wusstest du das noch nicht?“ - „Nein! Aber ich glaub dir auch nicht, denn wenn du es echt wärst, dann hättest du vorhin nicht gefragt ob ich schlafe, da hättest du es schon gewusst!“ Sanjay antwortete nicht mehr, begann zu schmollen und verzog das Gesicht beleidigt. Nun lachte Sanju leise, da sie, nachdem er nicht antwortete, daraus schloss, dass er es aufgab, was das mit dem Hellsehen anging. „Na, den Beruf schon an den Nagel gehangen?“, fragte sie aus dem Grund.

Sanjay schüttelte den Kopf und verzog finster das Gesicht, zum Glück sah Sanju den Blick nicht. „Ja, ich glaub ich bleib bei der Schauspielerrei!“, entgegnete Sanjay dann. „Passt auch besser zu dir. Du machst diese Arbeit besser als die des Hellsehers.“ - „Ach, findest du?“ - „Jap, auf alle Fälle!“ - „Na, da bin ich ja beruhigt...“ - „Warum?“ - „Weil ich eh sicher keine Lust daran hätte, immer alles vorher zu wissen.“ - „Da ist was dran!“ - „Ich weiß!“
Sanju schüttelte den Kopf. Er war echt unverbesserlich. Er war einfach typisch Sanjay. „Du bist unmöglich.“ - „Auch das weiß ich, danke.“ Sanju lachte auf. „Nun hör doch auf“ - „Nein, ich mag es wenn du lachst!“ Nun verstummte Sanju, um ihn zu ärgern.

„Sanjuu?“, fragte Sanjay vorsichtig. Hatte er jetzt etwas falsches gesagt? Er hoffte doch nicht. Etwas unsicher sah er in seinem Zimmer umher. „Sanjuu. Bist du noch dran?“ - „Oh, ja, entschuldige. Was hattest du gerade gesagt?“ - „Wann?“ - „Nachdem du mir das Kompliment gemacht hast!?“ - „Gar nichts.“ Sanju nickte nun. „Nun dann...“, begann sie zu schmunzeln und legte sich bequem hin. „Bist du müde?“, fragte Sanjay dann vorsichtig nach. „Ein wenig!“, entgegnete sie ehrlich und schloss kurz die Augen, eh sie zu all dem noch einmal zu Gähnen begann. „Dann leg ich jetzt auf, wir sehen uns ja morgen und ich will dich nicht von deinem Schlaf abhalten.“ - „Du hältst mich nicht ab.“ Sanju sah empört zur Decke.

Sanjay schmunzelte nur. „Und dennoch!“, meinte er dann ernst und die zwei beendeten dann tatsächlich das Gespräch, wenn auch etwas widerwillig. Aber sie waren beide müde, sie konnten sicher morgen noch reden, aber nicht wenn sie so fertig waren. Sanju legte ihr Handy wieder auf den Nachtisch und kuschelte sich dann unter ihre Decke. Sie drehte den Kopf zur Seite, schloss die Augen, doch eh sie nur ansatzweise versuchte ein zu schlafen klingelte ihr Handy. Sie öffnete die Augen, sah zu ihrem Handy, dass auf dem Nachttisch vibrierte und Töne von sich gab. Sie griff danach und sah dann auf den Display. 'Sanjay'!

Sie öffnete die Nachricht und schmunzelte nur schon, eh sie zu lesen begann. 'Gute Nacht, meine Schöne. Schlaf gut, ich liebe Dich - wir sehen uns morgen.'