Kapitel 5

Hilfe(?) und Alltag

- Nichts... Es tut mir so leid. Ich würde dir ja gerne etwas sagen, dich unterstützen. Aber ich schaff es nichts. Es ist schwer. Und mir dauert es zu lange. Tue etwas. Frag mich nicht was ich machen kann. Ich weiß es nicht. Ich weiß, dass du das besser kannst. In dieser Sache ganz gewiss sogar. Ich vertraue dir. Mehr als mir selber. Ich vermisse dich und werde dich wahrscheinlich für immer vermissen. Es sei denn du lässt dir etwas einfallen... -


Am nächsten Morgen wacht Preety ausgeschlafen aus. Nun ja, mehr oder weniger ausgeschlafen. Sie steht auf, sieht an sich hinunter und muss feststellen, dass sie immer noch in ihrem Kleid ist. Natürlich. Aber, dass ihr das gestern Nacht nicht aufgefallen ist, als sie ihm Bad war. Komisch. Sie will gerade ins Bad da erschreckt Prem sie. „Na, schon wach?", will er wissen. Preety zuckt zusammen und dreht sich dann zu Prem um. „Mach das nie wieder, hörst du?"
„Was ist dann?", will Prem unter dessen wissen, wie er sich auf das Sofa setzt und sich etwas streckt. „Weiß nicht... Es kann vieles passieren!"
„Du drohst mir in letzter Zeit gerne, kann das sein?"
„Jap, du scheint ja auch darauf an zuspringen."
„Nein... Aber ich will nur sicher gehen, dass du nicht versuchst, wie wir kurz vor dem Ende stehen, alles an dich zu reißen."
„Kurz vor dem Ende stehen? Welchem Ende!?" Prem legt den Kopf etwas schräg. „Was denkst du denn? Hast du gestern Abend nicht zu gehört?"
„Oh, ach das meinst du." Mehr beruhigt, als zustimmend, nickt Preety nun. „Ich verschwinde mal im Bad. Kann ja nicht den ganzen Tag mit einem Kleid rum laufen."
„Ich hätte nichts dagegen. Siehst heiß aus!"


Preety ignoriert seine Anmache. Wie so oft. Sie reagiert darauf eigentlich nie. Und wenn, dann weiß sie schon warum.


Nach einigen Minuten verlässt sie das Badezimmer, betritt die Küche und macht sich einen Kaffee. „Schatz, willst du..." Weiter kommt sie nicht, da steht Prem hinter ihr. „Oh, ja gerne... Ich glaub den brauch ich um jetzt richtig wach zu werden." Preety lächelt, dreht sich wieder um und schüttet schließlich sich und Prem eine Tasse Kaffee ein. Prem legt ihr unter dessen die Arme um den Bauch und zieht sie fest an sich. Sein Kopf ruht auf ihrer linken Schulter und er sieht hinunter zu ihren Händen, die den Kaffee einschenken. „Wenn du mich noch etwas hin und her schleuderst, dann verschütte ich den Kaffee!"
„Ha, das glaub ich nicht. Außerdem ist das noch harmlos."
„Jeder andere Mann würde mir jetzt helfen, anstatt mich nur fest zu halten!"
„Ist ja gut, ist ja gut. Du bist richtig kratzbürstig geworden, seit dem wir letztens nach dem Raub wieder Heim gekommen sind!"


Preety schüttelt mit dem Kopf. „Das bildest du dir sicher nur wieder ein." Prem löst sich von Preety, was eher diese tut. Sie löst ihn von sich. Sie kann sich schlecht mit zwei Tassen in den Händen umdrehen, wenn er an ihr klebt. Sie hat ja nichts gegen ihn, oder seine Nähe. Aber wie soll sie denn da richtig denken können? Prem nimmt ihr eine Tasse ab. „Danke!"
„Kein Ding...", entgegnet Preety und nimmt sich einen kleinen Schluck aus ihrer Tasse, nachdem sie etwas gepustet hat. Prem geht auf den Küchentisch zu und sieht zu dem Stapel Zettel der dort drauf liegt. „Was ist das?", will Preety neugierig wissen. Prem lächelt fies. „Das würdest du gerne wissen, was?"
„Ja, also schieß schon los."
„Das ist unser Plan..."
„Das alles?" Überrascht reißt Preety die Augen auf. Dass er seinen 'Abgang' an die große Glocke hängen will hätte sie nicht gedacht, will er irgendwas hinterlassen oder was? Oder will er gar die ganze Stadt in Grund und Boden ausrauben, in Minutenakt jedes Haus leeren um dann zu verschwinden? Die Vorstellung bringt sie zum Lächeln. Das wird dann ja auch so einfach...


„Was hast du?", fragt Prem etwas irritiert, eh er anfangen will zu erzählen. Er hat nur gesehen, dass Preety plötzlich am Lächeln ist. Aber er weiß nicht warum. Preety scheint kurz darauf allerdings wieder unter den Lebenden zu sein. „Nichts, nichts... Ich hab mich nur gefragt, was du denn damit anstellen willst!"
„Und deswegen hast du gelächelt? Was musst du den für Fantasien gehabt? War es etwas böses?"
„Natürlich!"
„Sexy!"
„Danke und nun fang schon an zu erzählen."


***


Auch bei Karan und Kamini ist der letzte Tag bereits zu ende. Karan hat nicht wirklich gut geschlafen, nachdem er Prem und dessen Begleiterin gesehen hat. Was hat der Kerl nur vor? Will er ihn etwa ärgern? Wenn ja, er würde es schaffen. Der Kerl macht ihn mehr als nur wütend.
Noch etwas müde rappelt er sich aus dem Bett, geht hinunter nachdem er sich fertig gemacht hat und macht dann das Frühstück. Auch Kamini ist eine halbe Stunde nach ihm wach geworden und lächelt, wie sie sieht, dass Karan das Frühstück macht. Kamini setzt sich an den Tisch und wartet, dass Karan das Essen auf den Tisch stellt. „Orangensaft, Kakao oder Kaffee?", will Karan wissen, der seiner Freundin nur kurz ins Gesicht sieht, als er die Schüsseln abstellt. „Kaffee hatte ich gestern wieder genug, ich nehme einen warmen Orangensaft!"


Nach dem Frühstück reden die zwei noch eine ganze Weile über ihren gestrigen Abend. „Mich nervt es voll, dass nie etwas zu tun ist, es sei denn dieser Prem greift an!"
„Sei doch froh. Das heißt die Stadt ist sicher!"
„Ja, aber bis wir diesen Prem gefangen haben, werde ich wahrscheinlich tot sein!" Kamini lacht etwas auf. Karan allerdings sieht ihr ernst in die Augen. Findet sie das witzig? Er findet das alles andere als witzig. Er wird Prem bekommen und wenn er dafür sterben müsste. Was mit ihr passiert ist ihm momentan egal, wenn sie meint sie würde vorher sterben, dann soll sie das eben machen. „Deine Lache bringt dir nichts. Du weißt nicht mit welchen Wassern der Kerl gewaschen ist. Wer weiß vielleicht stehst du ja auf seiner Schussliste!" Kamini zieht eine Augenbraue in die Höhe. „Das glaubst du ja wohl selber nicht!"
„Du weißt gar nicht was ich alles glaube... Geschweige denn was ich weiß!"
„Willst du wieder streiten?"
„Wer hat denn angefangen?"
„Na du!"
„Erzähl doch keinen Blödsinn..."
„Karan, du bist echt so schnell reizbar!"
„Das hat auch seine Gründe!"
„Aber erfahren darf ich sie nicht, hab ich recht?"
„Jap!"
„Ich wusste es!"
„Wo gehst du hin?" Karan sieht von Kamini hinunter zu ihrem leerem Teller, dann wieder zu ihr auf, weil sie bereits dabei ist sich zu entfernen. „Ich gehe ins Wohnzimmer. Ich hab keine Lust auf Streit! Ich bin es leid!... Du hast dich voll verändert, Karan!"


Karan bleibt sitzen. Soll sie mal reden. Er hat sich nicht verändert, er muss doch nur wenigstens eines bewahren. Und das schafft er gerade noch so, kein Wunder, dass er dadurch etwas schneller sauer wird. Er hat auch nicht immer die Kraft dazu sich zu beherrschen.


Am Abend haben die zwei wieder Nachtschicht und bis dahin reden die zwei kein weiteres Wort mehr miteinander. Und auch nicht während sie im Büro sitzen und warten, das etwas passiert - oder eher, das nichts passiert. Allerdings spielen sie ein Spiel gegen das Böse und das hat heute Lust zuzuschlagen. Nachdem sie bis zu 3 Stunden wartend und hoffend, dass nichts passiert, auf ihren Stühlen gesessen haben und Kamini ihren ersten Kaffee zu sich genommen hat ertönen die Sirenen. Karan springt sofort auf. „Prem...", meint er dann, greift zu seiner Ausrüstung und schaut während er bereits zum Wagen geht ob er alles darin hat. Kamini steht ebenfalls auf, hätte vor Schreck fast ihren Kaffee ausgeschüttet und stürzt nun hinter Karan her, nachdem sie gesehen hat woher der Notruf kommt. Im Auto hat Karan bereits den Motor an und fährt los, als Kamini gerade die Tür zuschmeißt. „Ganz ruhig, Schatz! Wenn du nun wie eine besenkte Sau fährst, dann kommen wir nicht lebend an!"
„Das tun wir. Wir müssen uns beeilen, eh sie weg sind!"
„Sie?"
„Ja, Prem und seine Begleiterin..."
„Oh! Du glaubst echt, das es sich um Prem handelt... Du weißt nicht einmal wo es hingeht..."
„Scheiße." Karan will gerade abpremsen um zurück zu fahren da meint Kamini nur „Nach Rechts... Außerhalb der Stadt, der kleine Laden..."
„Außerhalb der Stadt? So weit entfernt von allen vorherigen Zielen? Komisch, der kleine Laden passt nicht in sein Schema!"
„Das wollte ich dir ja gerade sagen..."
„Aber wer kann es denn dann sein?"
„Das werden wir wohl erst sehen, wenn wir da sind..."


Nach einigen langen Minuten Autofahrt kommen sie an. Karan springt regelrecht aus dem Auto, die Waffe gezückt rennt er auf den Laden zu. Gerade noch rechtzeitig. In den einen läuft er rein. Nun ja fast. Oder eher er in Karan. Die Waffe nach vorne gestreckt steht nach wenigen Sekunden auch Kamini neben ihm, sodass weder die eine Person noch die andere den Laden verlassen können. Schließlich stehen drei weitere Polizeiwagen um den Laden herum. Karans Blick liegt auf der Person direkt vor ihm, eh sein Blick zur anderen geht, die er wesentlich intensiver ansieht. „Geld fallen lassen und Hände hoch... Aber pronto, die Herrschaften!..."


Während die hintere Person das Geld bereits fallen lässt und die Hände hebt rührt sich die Person die direkt in Karans Schusslinie steht überhaupt nicht. Mit kaltem Blick sieht sie Karan an. Unter der schwarzen Maske treten nur braune Augen hervor, die so kalt blicken, dass Karan hätte angst haben müssen. Aber Karan ist Polizist. Außerdem spricht sein Blick eine weit aus deutlichere Sprache, als die der Person ihm gegenüber. „Kamini, nimm du die andere Person an dich..." Karan muss sich aller spätestens nach den brauen Augen gestehen, dass das vor ihm nicht Prem und dessen Begleiterin ist. Und ein kleiner Augenblick...


Die Sekunden, in denen Karan bewusst wird, dass direkt vor ihm nicht Prem steht, scheint die Person vor ihm ausgenutzt zu haben. Ob die Person es wusste? Keine Ahnung... Erst als Karan einen Tritt mitten in seinen Bauch spürt, dadurch das Gleichgewicht verliert, sich somit ein Schuss aus seiner Waffe löst und er aus dem Laden zu Baden geht bemerkt er das es nicht gut kommt, wenn er bei einem Einsatz nicht bei der Sache ist. Das passiert ihm selten, wirklich sehr selten. Sein Gegner kann sich glücklich schätzen, dass er kleiner als Karan war, der hätte ihn sonst direkt in die Stirn geschossen. Aber da der Gegner nicht dumm ist hat er sich ein Stück kleiner gemacht und flüchtet nun, mit samt Beute aus dem Laden. Der Schuss geht zu den Flaschen an der hinteren Wand, die automatisch kaputt gehen und auslaufen. Karan ignoriert seinen schmerzendes Hinterteil und den noch schlimmer schmerzende Bauch. Er sieht zur Seite, sieht, dass die Person gerade weg rennt, hebt die Hand in der seine Waffe ist und lässt die nächste Kugel aus der Waffe. Diese trifft, wie soll es bei seinen Zielkünsten anders sein, genau die Stelle die er treffen wollte. Das Bein. Die Person schwankt und sinkt zu Boden. „Treffer und versenkt...", meint er dann. Er steht auf, während er die Waffe auf den Boden legt um sich mit der selben Hand abzustürzen. Er läuft auf die Person zu und kniet sich zu ihr hinunter. Er zieht der Person die schwarze Maske/Mütze ab und erkennt die Person sofort wieder.


„Prakash... Lang nicht mehr gesehen!" Die angesprochene Person sieht zu Karan auf. „Bastard!"
„Ich weiß, ich hab dich auch lieb! Das du nichts gelernt hast... Erst bring ich dich hinter Gitter, dann wagst du es zu flüchten und machst weiter wo du angefangen hast. Ihr kleinen Schweine lernt es wirklich nie, ihr lernt nie aus Fehlern oder!?"
„Wir lernen doch alle nicht aus unseren Fehlern oder!?" Prakash lacht hasserfüllt auf. Doch er bringt Karan für Sekunden zum Nachdenken. Doch schnell holt ihn jemand aus seinen Gedanken. „Hey, Karan, gib ihn mir. Ich bring ihn dahin wo er hingehört und Kamini bringt mir gleich seinen Komplizen..." Karan sieht zu seinem Kollegen, Kunal, auf und steht dann mit Prakash auf. „Nun wirst du da hingebracht wo du hingehörst, mein Freund!", meint Karan an Prakash und wendet sich dann ab.


Erst jetzt spürt er vor allem den Tritt intensiver. Ihm ist schlecht und er sieht plötzlich nur noch eine Farbe. Schwarz...


Nach einigen Stunden öffnet Karan seine Augen wieder. Er befindet sich zu Hause, in seinem Bett. Wie kommt er hier hin? Hat er das alles nur geträumt? Ist das alles gar nicht passiert? Ist es noch morgen und er muss... Sein Blick geht zur Seite. Nein, es kann kein Traum sein. Kamini liegt nicht neben ihm. Er setzt sich auf, hält sich an den Kopf und spürt nun auch, dass etwas auf seiner Stirn liegt. Er nimmt es hinunter und sieht das es ein weißer Waschlappen ist. Er legt ihn zur Seite, schlägt die Decke vom Körper und sieht, dass sich ein Verband um seinem Bauch befindet. Was hat das zu bedeuten? Er versucht sich zu erinnern, was er schnell schafft und schon spürt er den stechenden Schmerz. Und dennoch... Er will aufstehen, da geht die Tür auf und Kamini steht in der Tür. Er sitzt auf der Bettkante und steht auf, verzieht dabei schmerzend das Gesicht. Kurz darauf ergreifen zwei Hände seine Schulter und er blickt in Kaminis besorgten und etwas wütenden Augen. „Leg dich hin Schatz... Der Tritt war so hart, dass du nun einen schönen blauen Fleck hast. Ich will gar nicht wissen, was er dir damit angetan hat. Ich will dir nichts festes zu Essen geben, daher hab ich Suppe gemacht und auch einen Lassi... Ich weiß wie gerne du das trinkst!"


Widerwillig legt sich Karan zurück ins Bett. Kamini wringt den Waschlappen in der Schüssel neben dem Bett, auf dem Nachttischchen aus um ihn den Karan wieder über die erhitzte Stein zu legen. „Danke dir...", bringt er dann hervor. Kamini verlässt das Zimmer, nur um kurz darauf wieder zu kommen und ihm die Suppe und den Lassi zu bringen. Karan bedankt sich und setzt sich vorsichtig auf, während ihm Kaamini den Lappen erneut runter nimmt, sodass er essen kann...


„Was ist gestern noch geschehen?"
„Wann genau meinst du?"
„Ich weiß nicht, was bei dir passiert ist, nachdem ich zu Pakash bin... Ist dir was passiert? Geht es dir gut?"
„Oh! Ja, natürlich, sonst säße ich doch nicht hier. Nun gut, ich hab dem anderen von seinem Gesichtschmuck befreit und wer hat mir da in die Augen gesehen? Natürlich Prakashs Komplize Sajit!" Karan sieht zu seiner Freundin auf. Er schluckt die Suppe runter und ist heil froh, dass er nur Suppe essen muss, es täte sonst wirklich noch mehr weh. Es ist nicht das Schlucken was ihm weg tut, es ist eher das Verdauen. „Und weiter, was hat er getan?"
„Er hat versucht sich zu wehren, doch ich bekam Hilfe von Jai und somit konnte ich ihm die Handschellen umlegen... Wie ich dann raus kam, sah ich nur wie du aufstandest, Kunal Prakash Handschellen umlegte und du dann plötzlich das Gleichgewicht verloren zu haben scheinst! Ich bin sofort zu dir geeilt und auch Kunal hatte gesehen, dass es dir nicht gut ging... Er hat Prakash an Jai weiter gereicht, der beide zum Auto führte. Kunal und ich haben dir dann hoch geholfen, ich hab versucht dich anzusprechen, doch du schienst total weg zu sein. Du hast undefinierbare Dinge vor dich her genuschelt die ich nicht verstanden habe... Ich glaub Kunal hat dich verstanden, doch er wollte mir nichts sagen..." Karan sieht Kamini intensiv an.


Was ist wenn er... Hat er etwa über... Um Gotteswillen. Er hofft inständig, das Kamini wirklich nichts gehört hat und nicht nur so tut. Zum Glück hat wenigstens Kunal kein Mucks gesagt. Auf seine Kollegen ist eben Verlass. Seine Gedanken schweifen ab, er hat keine Ahnung mehr groß von Gestern, was alles nachdem ihm schwarz vor Augen wurde passiert ist. Gut, dass Kamini ihm nun alles erzählt.


„Jai und Aryan sind dann Praksh und Sajit ins Gefängnis gefahren, während Kunal uns hier her gefahren hat. Er hat dir hier hoch geholfen, während ich in der Küche alles fertig gemacht hab. Er hat sich riesige Sorgen gemacht, er behandelt dich wie einen Bruder, ist dir das schon mal aufgefallen?"
„Kamini, er ist mein Bruder!"
„Bitte? Er ist mehr als 10 Jahre älter als du!"
„Ja und? Was ist denn daran so schlimm?"
„Keine Ahnung. Aber... Aber das wusste ich ja gar nicht! Ich heiße Khanna, er heißt Khanna... Das dir das nicht selber aufgefallen ist!"
„Warum sollte es? Es gibt sicher nicht nur einen Khanna hier in der Stadt!"
„Das sage ich ja auch gar nicht... Aber ich hab so viel mit ihm gemeinsam. Er ist groß, ich bin groß... Er ist verheiratet, ich bin verheiratet!" Kamini sieht Karan entsetzt an. „Du bist...? Aber wir zwei sind doch gar nicht..." Karan hebt seinen Blick wieder, zieht bei der Geste eine Augenbraue in die Höhe und mustert sie lange. Dann beginnt er zu lachen, aus tiefstem Herzen. Doch plötzlich verzieht sich sein Lachen und es klingt verzerrt und schmerzhaft. „Mensch, Kamini. Ich bin verletzt, aber Scherze kann ich immer noch machen! Schatz, das war ein Witz!"
„Ein verdammt blöder noch dazu!", entgegnet Kamini, dessen Herz fast in die Hose gerutscht ist. „Keine Sorge, Schatz, es gibt keine andere Frau für mich...", meint er dann und senkt den Blick - anstatt ihr in die Augen zu sehen. Karan isst weiter und nachdem er von Kamini nichts mehr hört sieht er etwas verwundert zu ihr hoch.


„Was ist dann passiert?", fragt er dann und holt Kamini aus ihren Gedanken. „Oh, ja... Wie ich wieder hoch kam hat sich Kunal verabschiedet und hat uns allein gelassen. Ich hab gemerkt, dass er sich wohl Sorgen gemacht hat und am liebsten geblieben wäre..." Das kann sich Karan sehr gut vorstellen, er hätte es anders herum auch getan. Und wer es glaubt oder nicht, das hatte nichts mit ihrer familiären Beziehung zu tun, oder mit dem Unfall ihrer Eltern. Rein gar nichts. Eher mit der Situation in der sie momentan stecken.


Kamini redet unbeirrt weiter. „...Ich hab dich dann gepflegt, dir das Hemd ausgezogen, dir Salbe auf die rote Stelle getan und dann den Verband drum gemacht. Die ganze Nacht hab ich wach gelegen, gehofft, dass du wieder aufwachst. Aber nichts, du warst so schwach. Ich hatte davor noch bei Jai angerufen, weil ich wissen wollte wie es kommt, dass du mit solchen Schmerzen davon gehst. Ich meine, das ist doch nicht mehr normal, oder?" Karan schüttelt schwach mit dem Kopf, eh Kamini weiter redet. „Er meinte, dass Prakash irgendeine Art Stahlkuppen unter den Schuhsohlen hat und das könnte, dann sicher auch die Schmerzen erklären. Ich gab ihm dann recht und... Ach ja, ich soll von ihm Grüße und Gute Besserung ausrichten!"
„Danke!" Damit beendet Karan die Unterhaltung, sowohl weil er sich bedankt, dass Jai ihm die Besserung Ausdruckt und auch, weil er findet mehr braucht er nicht hören.


„Hat die Suppe geschmeckt?", holt ihn Kamini aus seinen Gedanken. „Oh, ja, sehr... Danke dir, Schatz... Aber ich glaub ich brauch jetzt etwas Ruhe!", meint er dann und versucht sich mit Müh und Not zurück zu legen. Unter dessen nimmt Kamini ihm das Tablett von den Beinen.


Sie nimmt den Becher in dem der Lassi ist vom Tablett und sieht einmal kurz zu Karan. Dann stellt sie ihn auf den Nachttisch, direkt in sein Blickfeld. „Den lass ich hier... Ich bin unten...", meint sie dann leise, tritt an Karan heran und haucht ihm einen Kuss auf die Wange. „Schlaf etwas, das wird dir gut tun...", meint sie und will ihn allein lassen. Allerdings dreht sie sich noch einmal an der Tür um. „Ach, Karan, wenn dir warm ist, dann leg doch bitte wieder den Waschlappen an die Stirn. Der wirkt wirklich Wunder!", erklärt sie und verlässt schließlich endgültig das Zimmer. Karan hat schon gar nichts mehr darauf erwidern können, denn er ist eingeschlafen.


Aber richtig gut schläft er nicht, im Gegenteil. Er träumt wirres Zeug.
Verwirrende Farben tauchen vor seinem Gesicht auf: Schwarz, Rot, Braun, Grün. Und auch Schreie hört er, mehrerer Personen. Er kann aber nicht erkennen wer da schreit. Er spürt nur Schmerz im Traum, Tränen, Gewallt und viel Hass und Wut. Ob es seine Gefühle sind? Sicher nicht alle? Nur komisch, dass der Traum nicht aus Menschen und aus Geschehnissen besteht. Es sind eher wirklich nur die Farben die durch die Gefühle unterstützt werden. Sieht er mal das Rot verschwimmt es mit den Tränen, oder es pocht immer wieder wie ein schlagendes Herz, oder die Farbe zerreißt, als ob man es vernichten will. Er ist überfordert, fühlt sich gelähmt. Sowohl ihm Traum als auch in Wirklichkeit. Jedoch ist der Traum zu intensiv, das er nicht weiß, ob er es schafft von ihm los zu kommen.


Unbeschreiblich wie er es schafft, er entkommt dem Traum. Doch schwankt es ihn in den nächsten. Dieses Mal sieht er Bilder und Gesichter, aber die scheinen wie sein Traum vor ein paar Tagen wieder verschwommen zu sein. Wieder spürt er die intensive nähe zu dieser einen Person. Seiner Freundin! Seiner Liebe... Seinem Leben! „Hey, Karan..." Ihm hallen die Wörter noch immer in seinen Ohren, auch wenn er nicht weiß warum. Fragend sieht er sie an, doch sie lächelt nur - er spürt es intensiv. „...Ich liebe Dich, mein Schatz!"


Er würde etwas erwidern ist auch kurz davor, doch da holt ihn etwas aus seinen Träumen. Es ist nicht Kamini die in das Zimmer kommt. Es ist das Unwetter das draußen gerade beginnt. Es beginnt heftig zu regnen. Dabei ist es doch jetzt die heißeste Zeit im ganzen Jahr. Eigentlich wurde auch kein Regen angesagt. Etwas verwirrt sieht sich Karan um. Ihm ist warm, auch wenn er sieht, dass es draußen kalt sein muss. Die Bäume im Vordergarten wehen heftig von einer Seite zur anderen. Der Anblick ist alles andere als schön, aber er ist faszinierend und fesselnd. Somit setzt er sich auf und sieht hinunter. Er würde gerne aufstehen und er tut es auch, doch weiterhin sieht er hinunter zu seinem Bauch. Eh er wirklich entschlossen hat es zu tun öffnet er den Verband und wickelt ihn auf, sodass er ein paar Mal mit den Händen hinter den Rücken geht um das Verband wieder nach vorne zu holen. Wie er das Verband ab hat sieht er erneut hinunter. „Oh, Fuck...", platzt es aus ihm heraus. Er hasst es selber, das er ständig diese Schimpfwörter in den Mund nimmt. Aber er kann nichts dafür. Wenn ihm danach ist, dann ist ihm eben danach. Allerdings hat er das nur gesagt, da ihm der Anblick seines roten Fleckes gar nicht gefällt. Es ist wirklich eine Art Beule geworden. Jedenfalls erkennt er die ersten Blauen stellen, am Rand wird sie bereits Lila. Und man erkennt eindeutig den Schuhabdruck. Er fährt sich mit den Fingern über seine Wunde und schweift völlig in seinen Gedanken ab.


Die Tür geht hinter ihm auf. Kamini will nach dem Rechten sehen, doch wie sie Karan nicht mehr im Bett auffindet wird sie etwas panisch. Dann jedoch beruhigt sie sich, als sie ihm am Fenster stehen sieht, wie er sein Blick gesenkt hält. Sie sieht sofort, dass sein Verband ab ist, zuerst freut sie das gar nicht, dann allerdings beginnt sie zu lächeln. Sie tritt hinter Karan, berührt seinen nackten Rücken mit ihren Fingerkuppen. Karan zuckt leicht zusammen bei der Berührung, kommt wieder in die Realität zurück und sieht aus dem Fenster. Er lässt zu, dass sie ihre Finger, beider Hände, nun nach vorne gleiten lässt und in dann umarmt, ihre Wange an seinen Rücken legt. Doch Karan wird schnell klar auf was sie hinaus will, ihm wird einiges damit klar.


„Ich... Das Verband war nicht mehr fest genug und das Wetter hat mich geweckt... Keine Sorge, ich leg mich wieder schlafen..." Er geht um sie herum, doch sie ergreift sein Handgelenk, dreht ihn zu sich und kommt auf ihn zu. „Schatz... Ist schon gut, du musst dich nicht rechtfertigen... Sag doch einfach, wenn..." Weiter kommt sie nicht, da löst sich Karan ganz. „Nein Kamini... Wie soll das gehen, ich bin verletzt und außerdem..." Karan geht auf das Bett zu greift zu der Salbe die noch auf dem Nachttisch steht und reibt sich diese über die Wunde, was eigentlich nur weh tut, wenn er zu feste zu drückt. „Außerdem was?...", will Kamini wissen.


„Außerdem bin ich noch müde... Ich will jetzt den Lassi trinken und dann ins Bett!", meint er dann. Er bindet sich das Verband selber um, da Kamini immer noch starr zu im sieht und etwas zu weit weg steht. „Gut, dann lass ich dich mal allein..."
„Warte...", hält Karan sie daran ab, dass sie die Tür öffnet und hinaus geht. „Bitte schlaf hier, du musst nicht nur wegen der Verletzung unten schlafen... Du schläfst doch sonst auch hier." Kamini sieht zu ihm, erwidert lange seinen intensiven Blick. Nickt dann schwach und schließt die Tür wieder. Sie legt sich auf ihre Bettseite und auch Karan trinkt nur noch den Lassi aus und legt sich dann ebenfalls hin. Und dieses Mal träumt Karan nichts, nie wenn Kamini neben ihm liegt. Ein gutes Zeichen. Und ist vielleicht auch besser so - für seine Nerven.


***


Der Tag bei Prem und Preety ist nicht so ereignisreich ausgefallen. Sie saßen auf der Couch, haben miteinander geredet, geflirtet und sich hin und wieder mal etwas geneckt. So wie jetzt gerade. Es ist schon spät, das schlechte Wetter wütet auch hier unten. Aber es stört sie nicht im geringsten.


„Können wir nicht etwas Fernsehen?", fragt Preety schmunzelnd, die Augen geschlossen. Prem sieht ihr kurz ins Gesicht. „Ha, ha, ha... Wirklich sehr witzig! Wenn du ohne Fernseher Fernseher sehen willst, dann nur zu, versuchs ruhig mal!"
„Och Mensch... Etwas Spaß muss sein..."
„...Dann ist die Welt voll Sonnenschein!"
„Wie kommst du denn jetzt da drauf?"
„Du hast doch angefangen nicht ich..." Nun sehen sich die zwei in die Augen, Prem sieht sie verwundert an. Wenn sie doch anfängt kann er doch nichts dafür, oder? Er hat sich nur leiten lassen. Plötzlich lächelt Preety breit, sodass Prem versteht. Er hauch ihr einen Kuss auf die Stirn, wandert dann weiter hinunter zu ihrer Wange, hält vor ihren Lippen inne und haucht ihr ein „Ich liebe dich..." gegen die Lippen. Der heiße Atem auf ihren Lippen lässt Preety kalt. Sie hat jedoch die Augen geschlossen. „Mhhh...", meint sie schließlich nur. Prem will seine Lippen gerade mit ihren verneinen, da dreht sie ihren Kopf zur Seite und er trifft nur ihren Hals. Zuerst wundert sich Prem etwas, sieht dann zu Preety. Doch diese hat immer noch die Augen geschlossen.


„Willst du mich ärgern?", will er plötzlich leise wissen, während er ihr zärtlich einen Kuss auf die Schultern haucht. „Aber natürlich... Ich scheine es zu schaffen...", entgegnet Preety und sieht wieder zu ihm auf. „Nein, tust du nicht... Du verwirrst mich nur etwas...", meint er dann. „Wieso, weil du mich nicht küssen darfst? Ist das so schlimm? Was wenn ich nicht will, dass du mich küsst, wenn ich unsere Beziehung nicht reif dafür empfinde?!"
„Küssen ist nichts verbotenes, Preety Schatz... Ich liebe dich und ich möchte dir endlich beweisen wie sehr ich dich liebe!"
„Was ist wenn ich es nicht möchte, dass du es mir auf die Weise beweist, wie du es gerne möchtest?"
„Was sträubst du dich dagegen? Dir fällt die Spannung zwischen uns doch sicher auch auf oder?"
„Welche Spannung?"
„Komm schon... Ich meine sieh dich an, dann sieh mich an... Du bist sexy und heiß, ist bin sexy und heiß... Was spricht dagegen?"
„Ich möchte nicht, Prem! Wir sind weder in unserer Beziehung so weit, dass wir sagen, dass wir so weiter machen wollen, noch bei dem Zeitpunkt, dass uns klar ist das wir heiraten wollen... Und du willst ja nicht mal hier bleiben, Prem... Wir haben nur noch Streitgespräche..."
„Das hier nennst du streiten?"
„Nein, aber sonst... Fällt dir das nicht auf?"
„Doch schon... Aber weil ich dich liebe möchte ich, dass wir das klären..."


„Da gibt es nichts zu klären..." Mit diesen Worten steht Preety auf, versucht sich von Prem zu lösen. Und schafft es erst auch. Doch er ergreift ihr Handgelenk, zieht sie zurück, sodass sie auf ihn schwang und wieder auf dem Sofa liegt. Ihr Oberkörper liegt direkt auf seinem. „Bitte Preety... Du bist wunderschön, echt enorm sexy..."

„Ja und? Was ist wenn wir plötzlich..." Preety spricht nicht weiter, sieht ihn intensiv an. „Sorry!", meint er plötzlich. Preety löst sich von ihm. „Prem, es tut mir leid, ich kann das nicht... Etwas in mir sträubt sich dagegen, aber es fällt mir schwer dir das zu sagen!" Ehrlich sieht sie ihm in die Augen. Und zum ersten Mal spürt er, dass sie es dieses Mal wirklich ehrlich meint. Auch, wenn er es nicht bezweifelt, dass sie sonst nie die Wahrheit sagt. Aber der ernste und aufrichtige Blick bringt ihm zum Nicken. Er ergreift ihr Gesicht, streicht ihr die Haare zurück und haucht ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich kann warten..." Preety sieht ihn dankend an. Steht dann auf und verschwindet im Bad. Schwer atmet sie ein und wieder auf. Sie macht sich Bettfertig, hat ja alles im Bad und kommt dann wieder raus nur in dem Männerhemd, das sie schon hat seit dem sie hier bei Ptem ist. „Gute Nacht, ich bin müde...", meint sie dann etwas leise, eh sie sich in das Bett verfrachtet und auch kurz darauf einschläft - die Erlebnisse eben verdrängend.